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          | Diagnostik und 
            Typisierung von Bacillus anthracis mittels Rapid-PCR 
            und Ribotyping |  
      
          | H. P. Huemer 
              1, K. Grif 1, F. Allerberger 1, 2, M. Rotter 31 Institut für Hygiene und Sozialmedizin, Lab. 301, Innsbruck
 (Vorstand: o. Univ.-Prof. Dr. M. P. Dierich)
 2 Bundesstaatliche bakteriologisch-serologische Untersuchungsanstalt, 
              Innsbruck
 (Vorstand: o. Univ.-Prof. Dr. M. P. Dierich)
 3 Abteilung für klinische Mikrobiologie des klinischen Instituts 
              für Hygiene der Universität am AKH Wien
 (Vorstand: o. Univ.-Prof. Dr. M. Rotter)
 |  
 
 
      
        | Zusammenfassung
 
 Nicht-hämolysierenden 
              Bacillus-Isolaten aus Blutkulturen kommt derzeit im Hinblick auf 
              den Ausschluss von Bacillus anthracis große Bedeutung 
              zu. Bei einer Patientin mit akutem respiratorischem Infekt nach 
              einem USA-Aufenthalt und Nachweis von nichthämolysierendem 
              Bacillus in der Blutkultur wurde diese mikrobiologische Diagnostik 
              unter Notfallbedingungen durchgeführt. Mittels klassischer 
              bakteriologischer Kulturtechniken, einschließlich der Verwendung 
              des diagnostischen Gamma-Phagen, konnte Bacillus anthracis 
              binnen 2 Stunden ausgeschlossen werden. Die Speziesbestimmung mittels 
              automatisiertem Ribotyping benannte binnen weiterer 8 Stunden Bacillus 
              megaterium, einen apathogenen Sporenbildner, welcher in diesem 
              Fall als Kontaminant zu werten war. Aufgrund dieses akuten Anlassfalles 
              wurde 
              ein Rapid-PCR-Protokoll etabliert, in welchem der betreffende 
              Stamm sowohl mit dem österreichischen Wildtyp-Stamm 3520 als 
              auch mit dem B. anthracis-Impfstamm 34F2 verglichen wurde. 
              Aufgrund der Geschwindigkeit des verwendeten Kapillar-Thermocyclers 
              sind wir in der Lage, innerhalb von 30 Minuten das im Virulenzplasmid 
              pXO1 von B. anthracis befindliche "protective antigen" 
              nachzuweisen. Der hier präsentierte Fall demonstriert das beachtliche 
              Potential molekularbiologischer Methoden, welche im Bedarfsfall 
              binnen weniger Stunden Speziesbestimmungen ermöglichen. |  
      
        | Summary
 
 Non-hemolytic 
              Bacillus-isolates from blood cultures are presently of special interest. 
              Rapid differentiation from Bacillus anthracis was requested 
              for an isolate from a patient with acute respiratory 
              illness presenting at an Austrian hospital after a holiday in the 
              United States. With routine bacteriological culture techniques, 
              including use of the diagnostic gamma phage, B. anthracis 
              could be excluded within 12 hours. Using automated ribotyping, it 
              was possible to identify the blood culture isolate as B. megaterium 
              within additional 8 hours. We also established a rapid PCR protocol 
              comparing the patient's isolate with the Austrian wild type strain 
              B. anthracis 3520 and the vaccine strain B. anthracis 
              34F2. Using the superior speed of capillary thermal cycling 
              we are able to detect the B. anthracis specific virulence 
              plasmid pXO 1 encoding B. anthracis protective antigen within 
              30 minutes. Primer design was chosen to improve further specificity 
              by the possibility of a restriction digest of the amplified sequence. 
              This case demonstrates the impressive potential of newer molecular 
              biological techniques for rapid identification of microorganisms. |  
 
      
        | Einleitung
 Wenngleich man 
              über die tatsächliche Relevanz des Bedrohungspotentials 
              Bioterrorismus und biologische Kriegsführung unterschiedlicher 
              Meinung sein kann, sollte das öffentliche Gesundheitswesen 
              auf die Erfordernisse schwerer Infektionskrankheiten vorbereitet 
              sein [1]. Am 4. Oktober 2001 wurde in Florida bei einem 63-jährigen 
              Patienten Lungenmilzbrand festgestellt [2]. Da auch bei einem Arbeitskollegen 
              und am Arbeitsplatz (America Media Incorporated, Boca Raton, Florida) 
              des letztendlich Verstorbenen 
              Bacillus anthracis nachgewiesen wurde, ist von einem beabsichtigtem 
              Ausbringen von Sporen auszugehen. Am 12. Oktober 2001 wurde Hautmilzbrand 
              bei einem Angestellen des Medienkonzerns ABS in New York festgestellt 
              [3]. Wegen einer Hautläsion hatte er initial einen Infektiologen 
              aufgesucht, welcher die Verdachtsdiagnose stellte. Die kulturelle 
              Verifizierung der Diagnose wurde im Hinblick darauf, dass auch hier 
              von einer absichtlichen Ausbringung von Milzbrandsporen auszugehen 
              war, behördlich bestätigt.Mit diesen Fällen wurde leider bewiesen, dass Bioterrorismus 
              als mögliches Szenario grundsätzlich zu bedenken ist. 
              Wir präsentieren hier einen Fall aus Österreich, wo der 
              Ausschluss von Bacillus anthracis für ein Blutkulturisolat 
              einer aus den USA zurückkehrenden Patientin unter Notfallbedingungen 
              durchgeführt wurde.
 |    
        
          | Material 
              und Methoden Die klassische 
              phänotypische Speziesbestimmung inklusive der Verwendung des 
              diagnostischen Gamma-Phagen erfolgte wie anderenorts beschrieben 
              [4]. Automatisches Ribotyping mittels RiboPrinter® (Qualicon, 
              Wilmington, DE, USA) unter Verwendung von EcoRI als Restriktionsenzym 
              erfolgte wie früher beschrieben [5]. Die PCR-Typisierung mittels 
              Rapid-PCR wurde wie folgt durchgeführt: Die DNA-Reinigung 
              erfolgte aus Kulturen durch Bakteriolyse in Detergens mit anschließender 
              Proteinase-K Verdau [6]. Gemäß dem von Quiagen beschriebenen 
              Standard-Protokoll 
              (QIAmp, DNA Mini Kit) erfolgt die DNA-Bindung dabei in weiterer 
              Folge an Silica-Membranen, und die gereinigte Probe wird mittels 
              Ionenaustausch eluiert. Die in etwa einer gefüllten Öse 
              voll Bakterien entsprechende DNA-Menge wurde dabeiin 200 µL TE (10 mM Tris, 1 mM EDTA) eluiert. Alternativ dazu 
              kann aber auch die von mehreren Gruppen beschriebene "boil-prep"- 
              Methode
 verwendet werden, da Erhitzen alleine bei Vegetativformen von B. 
              anthracis ebenfalls zur für PCR-Diagnostik ausreichenden 
              Freisetzung bakterieller DNA führt [7, 8]. Die verwendeten 
              Primer stammen aus der codierenden Sequenz des "protective 
              antigen" (PA1: 5'-agaattaccttatcctatctc; PA2: 5'-aatgacagatatgtatgtgg) 
              und amplifizieren ein Fragment von 248 bp des c-Terminus des PA-Gens. 
              Darin enthalten ist auch eine Schnittstelle des Restriktionsenzymes 
              Spei (siehe Genbank AF306783). 1 µL DNA wurde in 20 µL 
              PCR-Ansätzen amplifiziert. Dazu wurden die DyNAzyme-Polymerase 
              verwendet sowie der F-511 10x Puffer von Finnzymes, der durch 250 
              µg/ml BSA komplementiert wurde (was für die Amplifikation 
              in Glaskapillaren essentiell ist). Die Konzentration der jeweiligen 
              Primer war 0,5 µM, jene der dNTPs jeweils 200 µM. Als 
              Thermocycler wurde der Rapidcycler von Idaho Technology verwendet, 
              welcher bei Verwendung von 1 mm Borosilicat-Kapillaren sozusagen 
              die ultima ratio in Bezug auf Schnelligkeit darstellt, welche von 
              anderen Geräten physikalisch nicht erreichbar ist. So ist durch
 die nur 0,1 mm Wandstärke der Kapillaren, 
              den effizienten Energietransfer durch Heißluft sowie die konkurrenzlose 
              Abkühlrate die Verwendung extrem kurzer Zyklen möglich. 
              Im konkreten Fall wurden 20 Zyklen mit einem Profil von 0 (null) 
              sec Denaturation bei 94 °C, 0 (null) sec Annealing
 bei 55°C sowie 15 sec Elongation bei 74°C gefahren (da läuft 
              Polymerase schneller). Diesen vorgeschaltet war aus Spezifitätsgründen 
              ein "touch-down"-Protokoll von weiteren 5 Zyklen mit absteigenden 
              Annealing-Temperaturen von 60-55°C sowie ein initialer Denaturierungsschritt 
              von 30 sec. Die Gesamtlänge dieses Profils beträgt je 
              nach Umgebungstemperatur (welche die Kühlrate beeinflusst, 
              da Raumluft eingeblasen wird) klar unter 20 Minuten. Das amplifizierte 
              Produkt wurde entweder durch Zugabe von SYBR-Green 1 zum Reaktionsmix 
              direkt sichtbar gemacht (positive Reaktion auf UV-Schirm sichtbar) 
              bzw. wurde im in der Abbildung gezeigten Fall unter Beigabe von 
              SYBR-Green 1 auf einem 3% Agarose-Gel aufgetrennt, was aufgrund 
              der Miniaturisierung und hohen Voltzahl nur weitere 10 Minuten benötigte. 
              Verwendet wurde Metaphor Agarose (FMC), Gelkammer Horizon 58 (Gibco/BRL) 
              sowie ein proprietärer Powersupply, welcher ein pulsierendes 
              elektrisches Feld von 220 Volt herstellt.
 |    
        
          | Ergebnisse Mittels klassischer 
              bakteriologischer Kulturtechniken, einschließlich der Verwendung 
              des diagnostischen Gamma-Phagen, konnte Bacillusanthracis binnen 12 Stunden ausgeschlossen werden.
 Die Speziesbestimmung 
              mittels automatisiertem Ribotyping ergab binnen weiterer 8 Stunden 
              Bacillus megaterium, ein apathogener Sporenbildner, welcher in diesem 
              Fall als Kontaminant zu werten war (Abbildung 1 ). Bacillus anthracis 
              wird bei Verwendung des Restriktionsenzyms EcoRI in die Gruppe 
              des phylogenetisch eng verwandten B. cereus eingestuft; das 
              für Anthrax diagnostische Restriktionsenzym AseI wurde von 
              uns nicht angewandt (Abbildung 2).  
              
                | Abbildung 
                    1: Automatisiertes Ribotyping unter Verwendung von EcoRI 
                    als Restriktionsenzym: Das nicht hämolysierende Blutkultur-Isolat 
                    der Patientin mit akutem respiratorischem Infekt nach einem 
                    USA-Aufenthalt wurde vom Ribotyper® durch Vergleich mit 
                    Mustern der Datenbank als Bacillus megaterium identifiziert. 
 |    
              
                | Abbildung 
                    2: Automatisiertes Ribotyping unter Verwendung von EcoRI 
                    als Restriktionsenzym: Der Bacillus anthracis-Impfstamm 
                    34F2 wurdevom Ribotyper® durch Vergleich mit Mustern der Datenbank 
                    der phylogenetisch eng verwandten Bacillus cereus-Gruppe 
                    zugeordnet.
 
 |    
              
                | Abbildung 
                    3: Rapid-PCR mit Amplifikation eines für Bacillus 
                    anthracis charakteristischen 248-bp-Fragmentes: Bei Verwendung 
                    von B. anthracis-DNA (Spur 1) wurde das erwartete 248-bp-Fragment 
                    amplifiziert, während die DNA-Probe von B. megaterium 
                    (Spur 2) negativ blieb. Das amplifizierte B. anthracis-Fragment 
                    wurde mit dem Restriktionsenzym Spei verdaut. Wie in Spur 
                    3 ersichtlich, zerfällt es in die erwarteten Fragmente 
                    von 183 und 65 bp, was aufgrund des hohen Konservierungsgrades 
                    von B. anthracis-Isolaten eine Spezifitätskontrolle 
                    darstellt. 
 |  Die Rapid-PCR 
              zum Nachweis des "protective antigen" von Bacillus 
              anthracis ergab für das Blutkulturisolat binnen 30 Minuten 
              ein negatives Ergebnis. Wie in Abbildung 3 ersichtlich, wurde bei 
              Verwendung von B. anthracis DNA (Spur 1) das erwartete 248-bp-Fragment 
              amplifiziert, während die Probe von B. megaterium (Spur 
              2) negativ blieb. Das amplifizierte B. anthracis-Fragment 
              wurde mittels Nucleotrap (Machery-Nagel), Extraction isoliert und mit dem Restriktionsenzym Spe 1 
              verdaut. Wie in Spur 3 ersichtlich, zerfällt es in die erwarteten 
              Fragmente von 183 und 65 bp, was aufgrund des hohen Konservierungsgrades 
              von B. anthracis-Isolaten als zusätzliche Spezifitätskontrolle 
              zu werten ist.
 |    
        
          | Diskussion Im Unterschied 
              zu chemischen Kampfstoffen, die schon im 1. Weltkrieg ihr Bedrohungspotential 
              drastisch belegt haben, ist der Einsatz vonBiokampfstoffen bislang - offensichtlich aufgrund von Problemen 
              einer gezielten Ausbringung - nur in Einzelfällen praktiziert 
              worden [4].
 Nichtsdestoweniger muss auch das österreichische Gesundheitswesen 
              auf diese Bedrohungsart vorbereitet sein. Die mikrobiologische Labordiagnostik 
              scheint für diese Aufgabe in Österreich durchaus gerüstet, 
              wie es anhand des hier präsentierten Falles von Anthrax-Diagnostik 
              in der Praxis anschaulich gezeigt werden konnte.
 Bacillus 
              anthracis ist eine genetisch sehr uniforme Bakterienspezies 
              mit erstaunlich geringer Variabilität [6], was die molekulare 
              Diagnostik sehr erleichtert. Virulente Stämme sind enkapsuliert 
              und produzieren Toxine, wobei sowohl die Information für die 
              Kapselbildung als auch die Toxine über Virulenzplasmide vermittelt 
              werden. 
              So kodiert das Plasmid pXO1 für die Toxingene pag, lef 
              und cya, wohingegen das Plasmid pXO2 die Kapsel vermittelt. 
              pXO1, welches das "protective antigen", den "lethal 
              factor" und den "oedemea factor" beinhaltet, findet 
              sich bei allen pathogenen Isolaten, wohingegen die Kapselinformation 
              unter Labor-Kulturbedingungen spontan verloren gehen kann [7] .Der 
              Ausschluss der Species anthracis ist vor allem bei nichthämolysierenden 
              Bacillus-Blutkulturisolaten erforderlich. Der hier präsentierte 
              Fall demonstriert das beachtliche Potential vorhandener molekularbiologischer 
              Methoden, welche im Bedarfsfall binnen weniger Stunden derartige 
              Speziesbestimmungen ermöglichen. Dem diagnostischen Tierversuch 
              kommt heute in der Routinediagnostik von Anthrax keine Bedeutung 
              mehr zu. |    
      
          | Literatur: 1. 
              Allerberger F.: "Pest-Milzbrand-Tularämie." Antibiotika 
              Monitor tom XIV 3/4 (1998) 4. 2. 
              Centers for Disease Control and Prevention (CDC). Notice to readers: 
              ongoing investigation of anthrax -Florida, October 2001. Morb. Mortal 
              Wkly Rep. MWR 50 (2001) 878. 3. 
              Centers for Disease Control and Prevention (CDC). Update: public 
              health message regarding anthrax. 12 October 2001 (http://www.bt.cdc.gov/DocumentsApp/Anthrax/10122001Message). 4. 
              Khaschabi D., Schönbauer M.: "Mikrobiologische Diagnostik 
              von Milzbrand." Antibiotika Monitor XIV; 3/4/1998,55-60. 5. 
              Grif K., Karch H., Schneider C., Daschner F.,Beutin L., Cheasty 
              T., Rowe B., Dierich M.P.,Allerberger F.: "Comparative study 
              offive different techniques for epidemiological typing of Escherichia 
              coli O 157." Diagn. Microbiol. Infect.Dis. 32 (1998) 165-176. 6. 
              Keim P., Kalif A., Schupp J., Hill K., Travis S.E., Richmond K., 
              Adair D.M., Hugh-Jones M., Kuske C.R., Jackson P.: "Molecular 
              evolution and diversity in Bacillus anthracis as detected by amplified 
              fragment length polymorphism markers." J. Bacteriol. 179 (1997) 
              818-824. 7. 
              Patra G., Vaissaire J., Weber-Levy M., Le-Doujet C., Mock M.: "Molecular 
              characterization of Bacillus strains involved in outbreaks of anthrax 
              in France in 1997." J. Clin. Microbiol. 36 (1998) 3412-3414. 8. 
              Fasanella A., Losito S., Trotta T., Adone R., Massa S., Ciuchini 
              F., Chiocco D.: "Detection of anthrax vaccine virulence factors 
              by polymerase chain reaction." Vaccine 19 (2001) 4214-4218. |    
      
          | Anschrift des 
              Verfassers: Univ.-Prof. 
              Dr. Franz Allerberger
 Institut für Hygiene und Sozialmedizin der Universität 
              Innsbruck
 A-6020 Innsbruck, Fritz Pregl-Straße 3
 E-Mail: Franz.Allerberger@uibk.ac.at
 
 Danksagung:Wir danken Prof. Martin Altwegg (Universität Zürich) für 
              die Bestätigung der Speziesdiagnose Bacillus megaterium 
              durch Sequenzierung.
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