Mikrobiologische Diagnostik von Milzbrand

D. Khaschabi, M. Schönbauer
Bundesanstalt für veterinärmedizinische Untersuchungen, Innsbruck
(Direktor: Hofrat Dr. M. Schönbauer)



Schlüsselwörter:
Anthrax, Milzbrand, Diagnose, Ascoli


Zusammenfassung
Die mikrobiologische Diagnostik von Milzbrand (Anthrax) stützt sich auf serologische Verfahren wie Agargelpräzipitation (Ouchterlony) und Thermopräzipitation (Ascoli) und den kulturellen Nachweis auf Blut- und Nähragar. Die besonderen Eigenschaften der Kultur mit den charakteristischen Ausläufern, der vollkommen fehlenden Hämolyse, dem Medusenhaupt, Nasenbildung und Eischnee-Effekt werden zusammenfassend beschrieben und die Charakteristiken des Erregers im Perlschnurtest, Kapselfärbung nach Olt und mit Tusche, die Sporenfärbung nach Rakette sowie die Beweglichkeitstests und der Phagentest dargestellt.

Bei Beachtung all dieser Kriterien ist eine schnelle und sichere Diagnose leicht möglich.


Key-words:
Anthrax, diagnosis, Ascoli


Summary
The microbiological diagnostic of anthrax includes serological detection of anthrax antigens by means of Ouchterlony agar precipitation test, thermoprecipitation test of Ascoli and the growth of Bacillus anthracis on ordinary solid media and blood agar. Special features of colonies such as the appearance of a medusa head, lack of haemolysis and cultural differentiation are described. Diagnostic characteristics such as the pearl-string test, capsule stain after Olt and indian ink preparation, spore stain after Rakette, motility- and phage tests are mentioned and demonstrated.

Taking into consideration the above microbiological techniques a quick and safe diagnosis of anthrax is easily achievable.


Einleitung

Der Milzbrand, Anthrax (Abb. 1), ist eine Zoonose, die durch den Erreger Bacillus anthracis hervorgerufen wird. Es ist eine primär bei Tieren, vor allem Haus- und Nutztieren vorkommende, akute Infektionskrankheit, die – meistens vom Tier – auf den Menschen übertragen werden kann. Zusammengefasste Literatur findet sich bei Blobel und Schließer [1].

Die vorliegende Arbeit stellt eine Zusammenfassung der mikrobiologischen Nachweisverfahren und Differenzierungsmethoden dar.

 

Abbildung 1: Milz (Rind) erheblich geschwollen, die Anschnittfläche quillt hervor und ist fast schwarz, die Organränder sind stumpf, das ausfließende Blut dunkelrot bis schwarz und insbesondere sind zahlreiche konfluierende Kapselblutungen (Pfeil a) und Thrombosen (Pfeil b) der kapsulären Blut- und Lymphgefäße zu sehen; es handelt sich um den klassischen Prototyp des hämorrhagischen Milztumors.

Abbildung 1

 

Die Probennahme

Bei der Probenziehung ist grundsätzlich zu unterscheiden, ob es sich um Material- oder Umweltproben oder um klinische Proben handelt. Die Aufarbeitung aus Material- und Umweltproben gestaltet sich schwierig und erfordert einige Übung und Erfahrung. Im Unterschied dazu ist aus klinischem Material die Anzucht in der Regel ohne Schwierigkeiten möglich, sowohl aus Karbunkeln, Blutproben oder Organabstrichen. In Verbindung mit den Krankheitszeichen und dem pathologischen Befund reicht in der Regel der mikroskopische Nachweis bekapselter Zellen (Bambusform) in den Organen aus, um die Diagnose zu erhärten. Die in der Tiermedizin übliche Vorgangsweise der Einsendung eines abgebundenen und an der Schnittfläche abgebrannten Ohres des Tierkadavers sollte in dieser Form nicht mehr ausgeführt werden, vielmehr ist bei an Milzbrand gefallenen Tieren Blut durch Punktion eines großen Gefäßes mittels einer Einmalspritze zu gewinnen, welche mit einem Kanülenschutz fest verschlossen, abgeklebt und gut verpackt, mit einem entsprechenden Warnhinweis versehen, in das Labor gebracht wird. Die Anzucht erfolgt auf Blutagar sowie auf Nähragar.

 

Der Erreger

B. anthracis ist ein aerober und fakultativ anaerober Sporenbildner. Er ist ein unbewegliches, zylindrisches, grampositives Stäbchen von 3 - 5 µm Länge und 1 µm Breite. Mit den als „Pseudomilzbrandbazillen“ bezeichneten Arten B. cereus, B. mycoides und B. megaterium ist er morphologisch leicht zu verwechseln. In vivo sind die Stäbchen eher kurz, leicht abgerundet, einzeln oder in kurzen Ketten angeordnet. In der Kultur werden lange Fäden aus unbekapselten Bazillen gebildet.

Milzbrandbazillen wachsen auf allen gebräuchlichen festen Nährböden und bilden nach 24 Stunden aerober Bebrütung bei 37° C oberflächliche, mittelgroße, matte Kolonien von grauweißlichem Aussehen. Auf der Agaroberfläche bilden virulente Stämme die charakteristischen Ausläufer (Medusenhaupt), die in kleinerem oder größerem Bogen zur Kolonie zurückkehren oder sich nur wenig vom Rande der Kolonie entfernen. Die Ausläufer bestehen aus kettenförmig aneinander gelagerten Stäbchen.

Die Milzbrandsporen haben eine ellipsoide Form, sind 0,7 - 0,8 µm dick und ca. 1,5 µm lang. Sie liegen zentral ohne Auftreibung in der Zelle. Die Sporulation erfolgt nur außerhalb des Körpers bei Anwesenheit von Sauerstoff und einer Temperatur von über 12° C und in der Kultur am Schluss der logarithmischen Phase nach 24 bis 48 Stunden, besonders bei üppigem Wachstum.

Die Virulenz des Erregers ist abhängig von der Kapselbildung und dem Anthrax-Toxin. In vivo wird eine Kapsel gebildet, die mit Spezialfärbungen darstellbar ist. In vitro wird die Kapsel nur unter bestimmten Voraussetzungen (CO2-Spannung, Na-Bicarbonat-Zusatz) gebildet.

 

Gramfärbung

Direkter Nachweis von B. anthracis in Blut- und Organabstrichen oder Kulturausstrichen: Plumpe, grampositive Stäbchen mit ausgesprochener Neigung zur Fadenbildung (Bambusform). Grampositives Verhalten (Abb. 2) kann mit dem Alter verloren gehen, und dort, wo Gramlabilität vorkommt, waren die Zellen in den früheren Wachstumsstufen grampositiv. Die Gram-Färbung sollte daher so bald wie möglich durchgeführt werden, d.h. gewöhnlich innerhalb von 24 Stunden nach Ausstreichen und Inkubation auf Blutagar.

 

Abbildung 2: Gram-Färbung der Kultur; der Erreger ist etwas gramlabil und zeigt Bambusform (Ölimmersion ca. 1.000 x)

Abbildung 2

 

Sporenfärbung

Für Routinezwecke sind Kulturen auf Blutagarplatten, die 2 - 4 Tage bei Zimmertemperatur aufbewahrt wurden, ausreichend, um Sporulation und Sporenmorphologie beobachten zu können. Zum Nachweis der Sporen eignet sich die Sporenfärbung nach Rakette (Abb. 3).

 

Abbildung 3: Intra- und extrazelluläre Sporenbildung; Färbung nach Rakette (Ölimmersion ca. 1.000 x)

Abbildung 3

Durchführung der Sporenfärbung nach Rakette [2]:
1. Präparat lufttrocknen.
2. Fixieren, indem das Präparat sechsmal durch die Flamme gezogen wird.
3. Objektträger mit 5%iger, wässriger Malachitgrünlösung bedecken.
4. 20 Sekunden aufkochen und weitere 30 Sekunden stehen lassen.
5. Kräftig abspülen.
6. 1 Minute mit 2,5%iger, wässriger Eosinlösung nachfärben.
7. Abspülen und abtrocknen.

Die Bakterienzellen färben sich rot, die Sporen grün. Die Form und die Position der Sporen werden beurteilt.

 

Wachstum in Bouillon

In flüssigen Nährmedien wächst B. anthracis als flockiger, watteartiger Bodensatz ohne Häutchenbildung, während die überstehende Flüssigkeit gewöhnlich klar bleibt (Abb. 4). Wenn keine Verunreinigung zu befürchten ist, gibt zudem das charakteristisch flockige Wachstum in Bouillon ohne Trübung der überstehenden Nährlösung wertvolle diagnostische Hinweise [3].

Abbildung 4: Die Bouillon ist klar, ohne Häutchen und hat ein wolkiges, wattiges Sediment (Pfeil a)

Abbildung 4

 

Koloniemorphologie auf Normalagar und Blutagar

Die Anzüchtung erfolgt auf Blutagar, die typischen Kolonien sind leicht zu erkennen. Die Milzbrandzellen bilden nach Bebrüten über Nacht große (2 - 5 mm) weiße Kolonien mit rauer Oberfläche. Auf Blutagar wird keine Hämolyse gebildet, allenfalls erfolgt eine leichte Aufhellung unter der Kolonie. Ausläufer am Kolonierand sind häufig zu finden (Medusenhaupt), aber nicht immer (Abb. 5a und b).

 

Abbildung 5a und b: Die Kultur auf Nähragar (a) mit typischen Ausläufern (Pfeil a) und auf Blutagar (b); vollkommen fehlende Hämolyse!

Abbildung 5a     Abbildung 5b

 

Medusenhaupt

Man legt ein Deckglas auf junge Kolonien auf einer Agaroberfläche (Standard-Nähragar) und untersucht die Ränder der Kolonien mit einem 10er Objektiv. Die Kolonien sind an ihren Rändern von ausstrahlenden, bogenförmig gewundenen, lockigen oder zopfartigen Ausläufern umgeben. Für Kolonien der gesamten B. cereus-Gruppe ist dies ein häufiges Merkmal, das sowohl bei Kolonien vieler B. cereus-, B. thuringiensis- und B. cereus var. mycoides-Stämme als auch bei B. anthracis-Stämmen auftreten kann (Abb. 6).

Abbildung 6: Medusenhaupt; sowohl am Kolonierand als auch im Zentrum bilden die fadenförmig wachsenden Bazillen Bakterienketten, die stets gewunden sind und immer in die Kolonie zurückkehren. (Lupe ca. 60 x)

Abbildung 6

 

Sonstige Eigenschaften der Kolonie von B. anthracis

Eine weitere, diagnostisch bedeutsame Erscheinung lässt sich im Zusammenhang mit dem Abimpfen von Koloniematerial mittels der Öse feststellen (Abb. 7). Wird mit der Öse oder Impfnadel unter einen der Ausläufer einer Milzbrandkolonie gefahren und dieser von der Nährbodenoberfläche abgehoben, bleibt er steif wie geschlagenes Eiweiß stehen – Eischnee-Effekt [4]. Ebenso kann bei Abimpfen von Koloniematerial festgestellt werden, dass sowohl der auf dem Nährboden verbleibende Teil der Kolonie als auch das an der Öse haftende Koloniematerial eine steife, spitz auslaufende „Nase“ zieht, die nicht abknickt oder in sich zusammenfällt [5]. Das Koloniematerial von B. cereus ist wesentlich weicher und zeigt diese Erscheinung nicht, die Kolonien von B. cereus var. mycoides haften so fest auf dem Nährboden, dass sich von ihnen nicht genügend Material zur Durchführung dieser Prüfung entfernen lässt.

 

Abbildung 7: „Eischnee-Effekt“ nach Zusammenschieben (a) und „Nasenbildung“ nach Anheben der Kolonie mit einer Platinöse (b)

Abbildung 7

 

Abgrenzung von ähnlichen Arten

Alle Versuche zur biochemischen Abgrenzung des Milzbranderregers von anderen aeroben Sporenbildnern sind bisher wenig erfolgreich gewesen. Auch das API-50 CHB-System von BioMerieux ist zur Differenzierung zwischen B. anthracis und seinen Verwandten aus der Cereusgruppe nur beschränkt geeignet.
Andere ähnliche Bazillenarten zeigen nicht den Eischnee-Effekt und sind beweglich. Kolonien von Streptomyces endus sind ähnlich wie die von B. anthracis, haften aber ganz fest auf dem Agar. Kolonien von B. cereus sind auf Blutagar gelblich gefärbt und von einem deutlichen Hämolysehof umgeben. Kolonien von B. cereus var. mycoides sind ebenfalls von einem Hämolysehof umgeben, bei schwach ausgeprägter Hämolyse ist die gefiederte Kolonie, die ganz fest auf dem Nährboden haftet, ein weiteres typisches Unterscheidungsmerkmal.

 

Beweglichkeit

B. anthracis ist unbeweglich. Obwohl verschiedene Nachweismethoden für die Motilität zur Verfügung stehen, sind die beiden zuverlässigsten das Wachstum in halbfestem Agar und die Methode des hängenden Tropfens. Für den hängenden Tropfen sollten junge (4 - 7 Stunden), bei 30° C bebrütete Nährbouillonkulturen im konventionellen, hängenden Tropfen mit einem starken Objektiv oder, sofern vorhanden, im Phasenkontrast untersucht werden.

 

Phagentest

Beim Phagentest (Abb. 8) lassen sich sehr gute Resultate mit der Anwendung des y-Phagen erzielen [6]. Der Test lässt sich von einer 3- bis 4-stündig bebrüteten Vorkultur in Nährbouillon genauso gut durchführen wie von einer leicht trüben Suspension des verdächtigen Koloniematerials in steriler physiologischer Kochsalzlösung oder auch mit dem unsuspendierten Koloniematerial direkt. Stets sollte jedoch als positive Kontrolle ein bekannter Milzbrandstamm und als negative Kontrolle ein Stamm von B. cereus bei gleicher Präparationstechnik in die Untersuchung mit einbezogen werden. Auf der Rückseite einer Petrischale mit Blutagar werden mit der Schablone kreisrunde Flächen mit einem Durchmesser von 2,0 cm markiert. Auf je eine der Kreisflächen wird mit der Öse das Probenmaterial möglichst gleichmäßig verteilt. Dann wird der Inhalt einer Platinöse (im Durchmesser 3 mm) mit Phagensuspension exzentrisch auf diesen Bereich auslaufen gelassen, wobei bei der Verwendung flüssiger Bakterienzellpräparationen diese erst auf dem Nährboden angetrocknet sein müssen, bevor der Phage aufgebracht wird. Der Ansatz wird 7 - 8 Stunden bei 37° C bebrütet und dann abgelesen. Bei positivem Phagentest ist an der Stelle, wo die Phagensuspension aufgetropft wurde, ein vom Bakterienzellrasen freier Bereich zu sehen. In speziellen Fällen, in denen keine Verunreinigung des Materials zu erwarten ist, z.B. bei post mortem durch Venenpunktion gewonnenem Blut oder unter sterilen Kautelen präparierten Milzstückchen der für den Tierversuch verwendeten Mäuse, kann der Phagentest direkt mit dem Probenmaterial durchgeführt werden, indem das Material analog der oben beschriebenen Methodik auf der Agaroberfläche ausgestrichen wird [7].

Abbildung 8: Phagentest; runde, wachstumfreie Zonen auf Blutagar

Abbildung 8

 

Kapselbildung

B. anthracis-Keime besitzen so lange keine Kapseln, bis sie unter Bedingungen, die die Kapselbildung fördern, wachsen. Die Untersuchung auf Kapseln in den Blut- oder Organabstrichen von milzbrandverdächtigen Tieren und Labortieren, die für Pathogenitätstests und zur Reisolierung inokuliert wurden, wird nach Olt durchgeführt [2]:

1. Hitzefixiertes Präparat färben mit 3% wässriger Safraninlösung.
2. Erhitzen bis zum Aufkochen.
3. Abspülen mit Wasser, abtrocknen (Untersuchung unter Wassereinschluss).

Nachweis der Kapselbildung auf Trypticase Soy Agar (TSA) mit 0,9% Natriumbicarbonat. (Ist kein solcher Agar vorrätig, kann auch normaler Nähragar benutzt werden, auf den eine entsprechende Menge steril filtrierter 9%iger Natriumbicarbonatlösung ausgespatelt wurde – Endkonzentration 0,9%.) Auf die Agaroberfläche wird Material der verdächtigen Kolonie ausgestrichen. Die Platte wird in ca. 5%iger CO2-Atmosphäre bebrütet (2 Tage, 37° C). Dann wird die Kultur mit 10%iger Formaldehydlösung überschichtet, nach einer Einwirkungszeit von 1 h abgeschwemmt und in ein Reagenzglas überführt. Eine kleine Öse (ca. 1 µl) wird von dieser Suspension auf einen Objektträger übertragen und mit ebenso wenig Zeichentusche vermischt, dann wird ein Deckglas aufgelegt und so angedrückt, dass eine dünne, durchscheinende Schicht entsteht. Mit dem Mikroskop können dann die dicken Kapseln als partikelfreie Räume um die Milzbrandfläche dargestellt werden (Abb. 9, 10).

Abbildung 9: Kapselfärbung nach Olt, Ölimmersion ca. 1.000 x

Abbildung 9

Abbildung 10: Kapseldarstellung (Pfeil) mit Tusche, Ölimmersion ca. 1.000 x

Abbildung 10

 

Perlschnurtest

Der Perlschnurtest (Abb. 11a und b) kann zur schnellen Erkennung von Milzbrandbazillen beitragen. Dieser Test besitzt für die Diagnose des Milzbrandes eine relativ große Aussagekraft, allerdings muss auch mit dem Auftreten penicillinresistenter Stämme gerechnet werden, wodurch die Beweiskraft etwas eingeschränkt wird.

Die Methode beruht darauf, dass es unter Penicillineinwirkung zur Bildung kugelig deformierter Milzbrandzellen kommt, die sich entweder knäuelig zusammenlagern oder so angeordnet sind, dass sie einer Perlschnur gleichen.

Hierzu wird die Oberfläche je einer Müller-Hinton-Agarplatte oder Standard-Nähragar mit 0,1 ml einer Vorkultur der zu untersuchenden Isolate und des bekannten Kontrollstammes gleichmäßig beimpft. In der Mitte der Platte wird ein Plättchen aufgelegt, das 10 IE Penicillin enthält. Der Ansatz wird 3 - 6 Stunden bei 37° C bebrütet, und dann wird ein Agarstück zur Untersuchung im Grenzbreich der Hemmzone herausgeschnitten, auf einen Objektträger gelegt, mit einem Deckglas versehen und unter dem Mikroskop mit dem Ölimmersionsobjektiv (60- bis 100fache Vergrößerung) betrachtet. Befinden sich im Grenzbereich der Hemmzone die typischen kugeligen Zellformen, ist der Test positiv [8, 4].

Abbildung 11a und b: Fadenförmiges Wachstum auf Müller-Hinton-Agar (a), das unter Penicillinzusatz zu „Perlschnüren“ degeneriert (b).

Abbildung 11a     Abbildung 11b

 

Serologischer Nachweis von B. anthracis-Antigenen

Die Thermopräzipitation nach Ascoli [9] wird immer dann angewandt, wenn ein kultureller Nachweis des Erregers nicht möglich ist. Wenn Milzbrandbazillen in den Organen z.B. aufgrund fortgeschrittener Fäulnis mikroskopisch nicht mehr erfassbar sind, kann die Ascoli-Präzipitation durchgeführt werden. Sie kann auch zur Bestimmung von Milzbrandstämmen benutzt werden. Die Methode beruht auf dem Nachweis gelöster spezifischer Milzbrandantigene durch die Präzipitation. Zur Durchführung der Reaktion werden 2 bis 3 g zerkleinertes Organmaterial kurz aufgekocht und durch Papierfilter klar filtriert. In kleinen Präzipitationsröhrchen wird zuerst das präzipitierende Milzbrandserum mit einer Kapillare auf den Röhrchenboden gebracht und dann der klare Extrakt auf das Serum geschichtet. Im positiven Falle bildet sich innerhalb weniger Minuten an der Berührungsfläche ein Präzipitationsring. Die Reaktion kann auch als Agargelpräzipitation nach Ouchterlony (Abb. 12) durchgeführt werden [10]. Die Thermopräzipitation ist keine eindeutig beweisende diagnostische Methode, weil auch positive Reaktionen durch Antigene aus B. cereus und B. laterosporus vorgetäuscht werden können.

Abbildung 12: Agargelpräzipitation: negative Kontrolle a und positive Reaktion b

Abbildung 12

 

Tierversuch zu diagnostischen Zwecken

Im Zweifelsfall kann auch ein Tierversuch zum Nachweis der Pathogenität durchgeführt werden. Zur Absicherung der Diagnose reicht nach unserer Auffassung die Durchführung von einem Teil der oben beschriebenen Untersuchungen völlig aus. Bei einem Neuausbruch erscheint es jedenfalls sinnvoll, auch eine Charakterisierung des Isolates vorzunehmen, die aber stets Speziallabors vorbehalten ist.

 

Vorsichtsmaßnahmen

Unter normalen Laborbedingungen ist das Infektionsrisiko für das Personal jedenfalls nicht größer als bei der Arbeit mit anderen pathogenen Erregern auch. Bei Unfällen ist die sofortige Therapie mit Penicillin oder anderen Antibiotika angezeigt.

Sämtliche Verbrauchsmaterialien und Abfälle sind jedenfalls thermisch zu beseitigen, da die Sporen des B. anthracis eine ungewöhnlich hohe Tenazität und eine ganz erhebliche Thermoresistenz aufweisen und im normalen Erdboden gut 100 Jahre und mehr (!) infektionstüchtig überleben. Da B. anthracis auch als biologische Waffe zu berüchtigter Berühmtheit gekommen ist, muss bei der Asservierung von Stämmen und Isolaten die höchstmögliche Sicherheit gefordert werden, weil sich dieser Erreger durchaus auch für kriminellen Missbrauch eignet. Derartige Isolate sind daher unter Verschluss zu halten, zu codieren und damit für nicht ausgewiesene Experten unkenntlich zu machen. Auch empfiehlt es sich, für alle nur denkbaren Fälle einen Alarmplan zu entwickeln und die Mitarbeiter entsprechend zu schulen.

 

Literatur:

1. Böhm R.: „Milzbrand.“ Aus: Blobel H. und Schließer T.: „Handbuch der bakteriellen Infektionen bei Tieren.“ Gustav Fischer Verlag, Stuttgart Bd. IV (1982) 259-331.

2. Winkle St.: „Mikrobiologische und serologische Diagnostik.“ Gustav Fischer Verlag, Stuttgart (1979) 88.

3. Seidel G.: „Die aeroben Sporenbildner unter besonderer Brücksichtigung des Milzbrandbazillus.“ In: Habs H. und Kathe J.: „Beiträge zur Hygiene und Epidemiologie.“ Heft 17. Johann Ambrosius Barth, Leipzig (1963).

4. Feeley J.C. and Patton C.M.: „Bacillus.“ In: Lennette E.H., Balows A., Hausler J.R.W.J. and Truant J.P.: „Manual of Clinical Microbiology.“ American Society for Microbiology, Washington D.C. 3ed. (1980) 145-149.

5. Hailer E., Heicken K.: „Untersuchungen zur Bekämpfung des gewerblichen Milzbrandes.“ VIII. Mitt. Z. Hyg. 137 (1953) 611-639.

6. Brown E.R., Cherry W.B.: „Specific identification of Bacillus anthracis by means of a variant bacteriophage.“ J. Infect. Dis. 96 (1955) 34-39.

7. Kielwein G.: „Ein Vorschlag zur praktischen Differenzierung des Bacillus anthracis durch den Phagentest.“ Tierärztl. Umsch. 12 (1957) 183-186.

8. Bailie W.E., Stowe E.C.: „Simplified test for identification of Bacillus anthracis.“ In: „Proceedings Abstracts of annual meeting.“ Am. Soc. Microbiol. (1977) 48.

9. Ascoli A.: „Die Präzipitation bei Milzbrand.“ Zbl. Bakt. I. Orig. 58 (1957) 63-70.

10. Mathois H.: „Zur Anwendung der Agardoppeldiffusion in der Milzbranddiagnostik.“ Mh. Tierhk. 14 (1962) 407-412.

 

Anschrift des Verfassers:
Dr. Daryusch Khaschabi
Bundesanstalt für veterinärmedizinische Untersuchungen
A-6020 Innsbruck, Langer Weg 27
E-Mail: khaschabi@hotmail.com

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