Infektionen der Haut und Weichteile

J.P. Guggenbichler
Univ.-Klinik für Kinder und Jugendliche der Universität Erlangen/Nürnberg, Deutschland


Infizierte Wunden

Das verhornende Plattenepithel stellt eine effiziente mechanische Barriere gegen Infektionen der Haut dar. Bei verschiedenen Verletzungen wie Schürfwunden, Stichverletzungen mit oder ohne liegen gebliebenem Fremdkörper (Splitter, Dornen, Stacheln) kann es zur Infektion der Haut mit kontaminierter Erde, Staub und Wasser kommen. Hierbei kommen eine Vielzahl von Mikroorganismen als Erreger infrage.

Häufige Erreger sind Streptokokken der Viridans-Gruppe und Koagulasepositive Staphylokokken, selten virulente β-hämolysierende Streptokokken; bei kontaminierter Erde sind auch Gram-negative Enterobakterien (E. coli, Klebsiella spp., Enterobacter), aber auch Enterokokken relevant. Bei Kontamination mit Garten- oder Ackererde nach biologischer Düngung ist mit multiresistenten Keimen zu rechnen. Evtl. kommen auch atypische Mykobakterien
bzw. Aktinomyceten in Betracht. Bei Wunden, die mit kontaminiertem Wasser in Kontakt kamen, sind Aeromonas hydrophila und P. aeruginosa zu beobachten. Wunden, die mit Salzwasser in Kontakt kommen, sind meist steril. Regelmäßig bakteriell kontaminiert sind Schnitt-, vor allem aber Stichwunden mit Fleischermessern. Die Erreger sind Streptokokken der Viridansgruppe, aber auch enterohämorrhagische E. coli und Anaerobier kommen infrage.

Bei infizierten Wunden kann man durch eine Gram-Färbung des Wundsekretes eine wertvolle Erstinformation erhalten und ein entsprechendes Antibiotikum auswählen, das sich primär gegen Gram-positive Kokken (Penicillin bei Vorliegen von Kettenkokken, Cephalosporine der Cefazolin- oder Cefuroxim-Gruppe bei Haufenkokken) oder Gramnegative Stäbchen (Amoxicillin + Clavulansäure) richtet.

Klinisch gefürchtete Erreger bei kontaminierten Wunden sind C. tetani, C. perfringens, der Erreger der Gasgangrän, die besonders bei tiefen Quetschwunden wegen der mangelnden Durchblutung und Sauerstoffmangels oder durch eine Mischinfektion mit aeroben oder anaeroben Keimen ein günstiges Milieu vorfinden. Rasche Progredienz, Blasenbildung, Krepitation als Zeichen von Gasbildung im umgebenden Gewebe und schwere Allgemeinsymptome mit Kreislaufeinschränkung und Schock sind die Zeichen einer massiven Infektion, die bereits 12 – 18 Stunden nach der Verletzung auftreten können.

Therapie

Die Behandlung oberflächlicher Schürfwunden besteht in der Reinigung der Wunde mit einer antiseptischen Lösung (z. B. Betaisodona-Lösung) und Entfernung des devitalen Gewebes. In eigenen Erfahrungen hat sich die Reinigung einer oberflächlichen Wunde, z.B. Schürfwunde, mit einem WaterPik mit steriler physiologischer Kochsalzlösung sehr gut geeignet, da dadurch Schmutz einschließlich alles lockeren Gewebes mit anhaftenden Mikroorganismen schonend entfernt wird.

Als antimikrobielle Salben eignen sich eine Vielzahl von antimikrobiellen Salbenzubereitungen mit Neomycin, Bacitracin, Gentamicin, Fucidine, Mupirocin. Bei Verbrennungswunden werden häufig Silber-Sulfadiazin-Salben verwendet. Es ist jedoch zu betonen, dass dabei die Wirksamkeit in erster Linie auf dem Sulfonamid beruht und Silber eine sehr geringe zusätzliche Wirksamkeit vermittelt. Andere Technologien mit Zinkoxyd, Nano-Silber als Nanosilber-Cluster besitzen zum Teil hervorragende antimikrobielle Wirksamkeit, die in antimikrobiellen Salbengittern eingesetzt werden können. Auch die antimikrobielle bzw. adstringierende Wirksamkeit verschiedener Phytopharmaka kann bei kleinen oberflächlichen Wunden ausgenützt werden. Besonders eignet sich dabei Hypericum perforatum (Johanniskrautextrakt), aber auch Thymian- und Kamillen- und Salbeiextrakte, die eine sehr gute anti-mikrobielle Wirksamkeit gegen Grampositive Mikroorganismen, unabhängig von deren Resistenzsituation,
besitzen.

Bei Verdacht auf eine Anaerobierinfektion (Gram-positive Stäbchen) besteht die wichtigste Maßnahme im chirurgischen Debridement der Wunde.

Gleichzeitig muss man bei Verdacht auf Gasgangrän das Überleben des Patienten sichern. Als Antibiotikum eignet sich Benzylpenicillin-Natrium 250 000 – 400 000 IE/kg KG in 4 Dosen oder Amoxicillin 150 mg/kg KG in Kombination mit einem β-Laktamaseinhibitor oder mit Clindamycin. Auch Cefoxitin oder Imipenem-Cilastatin ist bei B. fragilis wirksam. Die Ultima Ratio ist eine Therapie mit hyperbarem Sauerstoff.

Wichtig ist die Überprüfung des Impfstatus gegen Tetanus. Eine Auffrischung ist indiziert, wenn bei erfolgter Grundimmunisierung die letzte Boosterdosis mehr als 1 Jahr (5 Jahre) zurückliegt. Wenn der Impfstatus unklar ist oder die letzte Boosterdosis mehr als 5 (10) Jahre zurückliegt, muss simultan eine passive Immunisierung erfolgen. Ob eine simultane aktive und passive Immunisierung erfolgen muss, hängt auch von der Art der Wunde, Quetschung mit devitalem Gewebe, Kontamination mit z.B. Ackererde zusammen.


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