Neues zum Thema S. aureus

G. Peters
Institut für Med. Mikrobiologie, Universität Münster, Deutschland


Das beste Medikament in der Behandlung von S. aureus ist Penicillin, alles andere wirkt zumindest 10 x schlechter. Vancomycin dagegen ist ein schlechtes Antibiotikum – wäre da nicht MRSA.

Ich will nun darüber referieren, warum S. aureus uns Probleme macht, basierend auf der modernen molekularbiologischen Grundlagenforschung.

Das Hauptproblem in der S. aureus-Epidemiologie steht irgendwie in Wechselwirkung mit MRSA. Es existieren unterschiedlichste Prävalenzen weltweit (Folie 1), einige Länder zeigen besonders niedere Resistenzraten wie z.B. die Niederlande, jedoch gibt es dort einen Anstieg von MRSA zu verzeichnen – wie ich später berichten werde. Deutschland hingegen befindet sich auf einem Plateau, Tendenz sinkend. Konsequente Hygiene scheint Wirkung zu zeigen. Allerdings muss betont werden, dass die Prävalenz innerhalb Deutschlands sehr variabel ist.

In den USA gab es einen dramatischen Anstieg von MRSA, und zwar nicht der üblichen 5 Subklone nosokomialer MRSAs, sondern einen CA-MRSA
(community-acquired MRSA)-Anstieg (Folie 2).

Diese neue Situation ist besonders auf molekularer Ebene interessant. Innerhalb eines Zeitraums von wenigen Jahren kam es, an sehr unterschiedlichen Orten, erstmals entdeckt bei Einwohnern Alaskas und native Indians, zu einem Auftreten von CA-MRSA, zurückzuführen auf das Mec-A-Gen, welches sich innerhalb einer chromosomalen Kassette bei MRSA-Stämmen befindet.

In Deutschland beträgt der Anteil noch ca. 1%. Häufigster Vertreter des CA-MRSA in den USA ist ST8, entsprechend PFGE-TYPE-USA300, in Europa hingegen ST80. USA300 wird in Kontinentaleuropa nicht durchkommen. Die Verbreitung von US300 hängt von unterschiedlichen kulturellen Verhaltensweisen wie z.B. Austausch von Kleidung, Waschen der Unterwäsche etc. ab – Verhaltensweisen, die sich zwischen Kontinentaleuropa und USA signifikant unterscheiden.

Innerhalb von US300 trat erstmals in San Francisco in homosexuellen Kreisen ein neuer Subklon auf, der mehr und mehr resistent wird. Dieser nimmt R-Gene von Transposomen und Plasmiden auf und wird dadurch immer fetter. Trotz der momentan starken Verbreitung von USA300 scheint es, als könnte sich dieser Klon selbst eliminieren.

Ein weiteres Problem mit MRSA besteht in Europa. Für den bereits erwähnten Anstieg von MRSA in den Niederlanden sind Schweinefarmen verantwortlich. Schweinefarmen in den Niederlanden haben die Größe von Fabriken. Ein MSSA/MRSA-Klon tritt dabei in Schweinen auf. Der MSSA nimmt verschiedene Resistenzgene auf, dabei auch das Mec-A-Gen, das Strukturgen für Methicillin-Resistenz. Dieser Klon, ST398, der ursprünglich wahrscheinlich ein humaner Klon war und auf Schweine überging, wird nun wiederum auf den Menschen übertragen und führt nun bereits zu ersten
Ausbrüchen nosokomialer Infekte. Auch in Deutschland, nahe der Grenze zu den Niederlanden, gibt es ST398 bereits in 18% aller klinischen S. aureus-Isolate. Der Klon scheint besonders promiskuitiv und suszeptibel für die Aufnahme neuer DNA zu sein.

Es gibt noch weitere Bakterien-Klone, die auf ST398 im Schwein treffen können. Einer davon ist ein Linezolidresistenter Klon, eine sehr schwer zu erwerbende Resistenz. Hier kam es jedoch zu einem Enzymmediierten Mechanismus aufgrund der Behandlung von Schweinen mit Fofenicol. Das Resistenzgen liegt auf einem mobilen Plasmid. In Deutschland gibt es davon bereits 3 Fälle.

Das natürliche Habitat von S. aureus ist der Biofilm (Folie 3), gruppiert an Oberflächen, vor allem an der Haut bzw. in der Nasenschleimhaut, am Übergang zur Mukosa. Staphylokokken mögen es, in Gesellschaft zu sein, in Zellvereinigungen und immer an der Oberfläche.

In Deutschland wurde eine Multicenter-Studie durchgeführt, bei der Nasenabstriche von Patienten in ganz Deutschland auf klonale Identität getestet wurden. Das Resultat zeigte 80% Übereinstimmung der Klone. In einer weiteren Studie am Prof.-Peters-Zentrum wurden ebenfalls Nasenabstriche von Patienten entnommen, die möglicherweise eine S. aureus-Sepsis entwickeln würden. Nach 7 Jahren hatten 14 dieser Patienten eine Sepsis, auch hier mit 80%iger klonaler Identität, gleichbedeutend mit endogener Herkunft der S. aureus-Sepsis.

In den Niederlanden wird eine große Follow up-Studie, basierend auf den oben beschriebenen Resultaten, durchgeführt. Für einige Wochen wurde in einer randomisierten Studie bei Patienten mit geplantem Krankenhausaufenthalt, wie z.B. elektiven chirurgischen Eingriffen, die nasale Kolonisation (bei PCR-Positivität) mittels Mupirocin (lokal) eradiziert, was in der Gruppe der mit Mupirocin Behandelten zu einer 60%igen Reduktion von S. aureus-invasiven Infektionen führte. Die Eradikation verringert demnach massiv das Risiko invasiver Infektionen, aber es bilden sich Resistenzen. Die Resistenzrate lag nach einem Jahr bei 4,1%, nach drei Jahren bei 7,7%. Wir brauchen also dringend Konzepte zur Eradikation von S. aureus in der Nase – Nisin oder Lysostaphin wären gute Möglichkeiten.

Ein weiteres Problem bei Infektionen mit S. aureus findet man in seiner Fähigkeit, für ein und dieselbe Aufgabe mehrere Strategien zu finden, wie z.B. die Adhäsion an Oberflächen durch verschiedenste Oberflächenproteine (Folie 4, 5).

  

Zwei Adhäsine, Eap und Emp sind wichtig für die Adhäsion von S. aureus an menschliche Haut oder Knorpelgewebe, KCl-Behandlung entfernt Emp und Eap von der Bakterienoberfläche und verringert somit die Adhäsion an diese Gewebe. Bei Präsenz zusätzlicher Adhäsine (FnBPs und Cna) binden Eap und Emp auch an die extrazelluläre Matrix. Eap besitzt außerdem “immune escape”-Fähigkeiten. Diese Eigenheit von S. aureus, mit einem Protein zahlreiche Funktionen zu erfüllen, macht ihn zu einem einzigartigen Organismus.

S. aureus gilt auch als intrazellulärer Erreger. Bei Produktion hoher Konzentrationen von Toxinen, wie α-Toxin wird dabei die Wirtszelle zerstört, bei niedrigen Konzentrationen hingegen wird die Zelle in Apoptose getrieben; wird aber kein Toxin gebildet, kann S. aureus in der Zelle dem Immunsystem entgehen. Diesen Mechanismus nützt der SCV-Phänotyp (Small colony variant), der mit chronisch verlaufenden S. aureus-
Infektionen assoziiert ist (Folie 6, 7).

  

Zurück zu US300 und damit assoziierten Erkrankungen, allen voran die fulminant nekrotisierende Pneumonie. Ein Fallbeispiel (Folie 8): Ein 12-jähriges gesundes Mädchen wurde mit Tachykardie, Tachydyspnoe, Hämoptoe und Leukopenie aufgenommen. Drei Tage vor Aufnahme hatte das Mädchen Grippe-ähnliche Symptome, 10 Tage nach Aufnahme verstarb sie. Die Obduktion ergab extensive nekrotische Ulzerationen der bronchialen Mucosa und massive hämorrhagische Nekrosen der interalveolären Septen. Bei einer solchen fulminant verlaufenden Pneumonie mit Leukopenie unter 1000/µl muss es sich um PVL(Panton-valentine leukocytinetoxin)-positive Stämme handeln. PVL besteht aus zwei Peptiden und zerstört neutrophile Granulozyten durch Porenbildung.

 

Zusammenfassend zu US300

Molekulare und zelluläre Mechanismen sind noch weitgehend unklar, einige umweltbedingte und praktische Gründe für den Erfolg der Ausbreitung von US300 sind sehr klar. Betreffend Pathogenität hat dieser Keim alles, was S. aureus zu bieten hat.

In Zukunft wird USA300 desaströs bleiben, nicht vom Menschen eradiziert werden können, aber sich möglicherweise irgendwann selbst – ähnlich wie der Phage-Typ 80/81 – eliminieren.

 

Anschrift des Referenten:
Univ.-Prof. Dr. Georg Peters
Universität Münster
Institut für Medizinische Mikrobiologie
D-48149 Münster, Domagkstraße 10
E-Mail: georg.peters@uni-muenster.de

Redaktionell bearbeitet*


zurück zum Inhalt