Ausbruch einer akuten Gastroenteritis in einem österreichischen Internat verursacht durch Staphylokokken-Enterotoxine

H. Lagler1, K. Stich1, D. Schmid2, R. Gattringer1, S. Huhulescu2, F. Allerberger2, W. Graninger1, S. Knapp1
1 Univ.-Klinik für Innere Medizin 1, Klin. Abt. für Infektionen und Tropenmedizin, Medizinische Universität Wien
2Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES), Wien



Einleitung

Am 21. September 2006 kam es in einer Großküche eines Internates in Eisenstadt (Burgenland, Österreich) zum Ausbruch einer Lebensmittelvergiftung. Wenige Stunden nach dem Mittagessen erkrankten 113 von 240 Personen, zwischen 16 und 17 Uhr erkrankten 70 Patienten gleichzeitig.

Die Leitsymptome waren Übelkeit/Erbrechen (91,2%), Durchfall (70,8%), abdominelle Krämpfe (68,1%) sowie ein symptomatischer Blutdruckabfall (53%). Nur 24,8% der Patienten entwickelten Fieber über 38°C. Es war bei den meisten Patienten eine intravenöse Flüssigkeitszufuhr erforderlich und es kam zu einem Großeinsatz der Rettung. Insgesamt wurden noch am selben Tag 101 Patienten in 8 verschiedene Krankenhäuser in Burgenland und Niederösterreich stationär aufgenommen. Alle 113 Patienten erholten sich jedoch rasch innerhalb von 24 Stunden. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer im Spital betrug nur einen Tag, die maximale 3 Tage [1].

 

Methoden und Ergebnisse

Es wurde noch am selben Tag von 5 Stuhlproben eine Norovirus-PCR [2] durchgeführt, die in zwei Fällen positiv war. Alle weiteren verfügbaren Stuhlproben (n = 45) zeigten in den darauf folgenden Tagen kein Wachstum von Salmonella, enterohämorrhagischen E. coli, Yersinia und Campylobacter, jedoch 44 Proben zeigten ein Wachstum von Staphylococcus aureus [3]. Die Norovirus-PCR war letztendlich nur in insgesamt drei Fällen positiv (Genotyp II). Es konnte weiters S. aureus aus dem Mittagessen (Reisgericht) und aus Nasen- und Handabstrichen vom Küchenpersonal isoliert werden. Diese Stämme wurden zur weiteren Typisierung molekularbiologisch untersucht. Es wurde eine Pulsfeldgelelektrophorese (PFGE) [4] und eine Staphylokokken-Protein A-Gen (spa)-Typisierung [5] durchgeführt.

Es zeigte sich der Nachweis eines klonalen Ausbruches. Sowohl die S. aureus-Stämme aus dem Reis und jene von der Handfläche eines Kochs, welcher palmar eine chronische Wunde hatte, als auch jene aus der überwiegenden Anzahl der Stuhlproben, zeigten in der Typisierung eine 100%-ige Übereinstimmung (Abbildung 1). Interessant war auch, dass es sich um einen noch nicht bekannten spa-Typ handelte.Er wurde in der spa-Daten bank (www.ridom.de) unter der Nummer t2046 registriert [1].

Abbildung 1: PFGE-Muster von S. aureus chromosomale DNA-Aufspaltung durch SmaI; Spalte 1: Mittagessen/
Reisgericht; Spalte 2 - 4: Hand- und Nasenabstrich des Küchenpersonals; Spalte 5 - 48: Stuhl von Patienten;
M: Längenstandard; Rot markierte Spalten: identisches PFGE-Muster

Der klonale S. aureus-Stamm wurde weiters auf 19 verschiedene Exotoxingene wie toxic shock syndrome-1 (tst-1), staphylococcal enterotoxin-(se) und enterotoxin-like (sel) Gene (sea - see, seg - selr und selu), sowie auf den übergeordneten accessory gene regulator (agr) Locus mittels PCR untersucht. Es zeigte sich das Genmuster: agr I, sea, sed, selj, selr.

 

Zusammenfassung

Es konnte mittels epidemiologischer und molekularbiologischer Methoden der anfängliche Verdacht einer Norovirus-Infektion entkräftet und der Beweis einer Lebensmittelvergiftung verursacht durch Enterotoxine (SEA, SED, SELJ SELR) von S. aureus erbracht werden. Es ist auch rückblickend von der Klinik eine Norovirus-Infektion unwahrscheinlich, weil dafür die IKZ zu kurz war (wenige Stunden) und die klinische Besserung der Patienten zu rasch (meist <12 Stunden) eingetreten ist [6]. Weiters zeigt sich auch, dass dieser Ausbruch durch Einhaltung der Hygienerichtlinien verhindert hätte werden können.

 

Literatur

1. Schmid et al., 2007, Euro Surveill, 12, 224.
2. Schmid et al., 2005, Wien Klin Wochenschr, 117, 802-8.
3. Anonymous, 2001, ISBN 3-86123-126-0, Standardisierung und Qualitätssicherung in mikrobiologischer Labordiagnostik. Richtlinien.
4. Bannerman et al., 1995, J Clin Microbiol, 33, 551-5.
5. Ruppitsch et al., 2006, J Clin Microbiol, 44, 2442-8.
6. Kaplan et al., 1982, Ann Intern Med, 96, 756-61.

 

Korrespondierender Autor:
Dr. Heimo Lagler
Univ.-Klinik für Innere Medizin I, Klin.
Abt. für Infektionen und Tropenmedizin
1090 Wien, Währingergürtel 18-20
E-Mail: heimo.lagler@meduniwien.ac.at


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