Schildzecken-Borreliose und andere durch Zecken vermittelte Erkrankungen

G. Stanek
Klinisches Institut für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie, Medizinische Universität Wien


Schlüsselwörter:
Ixodes ricinus, Lyme-/Schildzecken-Borreliose, FSME, Anaplasmose, Rickettsiose, Tularämie, Babesiose


Zusammenfassung

Zecken gehören weltweit zu den wichtigsten Überträgern von Krankheitserregern des Menschen. Die meisten Zecken gehören einer von zwei Familien an, den Schildzecken oder den Lederzecken. Während Lederzecken hauptsächlich Rückfallfieber-Borrelien in relativ trockenen Klimaten übertragen, übertragen Schildzecken eine Fülle von Krankheitserregern im gemäßigten Klima der nördlichen Hemisphäre. Unter den Schildzecken Europas ist Ixodes ricinus am weitesten verbreitet und bei weitem die häufigste Zeckenart auf unserem Kontinent. Die dreiwirtige Zecke benötigt in jedem Entwicklungsstadium nur eine Blutmahlzeit. Ixodes ricinus hat ein sehr weites Wirtsspektrum; mehr als 300 verschiedene Wirbeltierarten dienen als Blutwirte. Gewöhnlich befallen die Zeckenlarven kleine Säugetiere, wie Mäuse, und nehmen dabei verschiedenste Mikroorganismen und Viren auf, unter denen sich gefährliche Krankheitserreger des Menschen befinden. Diese bleiben während der Verwandlung ins nächste Stadium in der Zecke, werden also transstadial in das nächste Entwicklungsstadium, das Nymphenstadium, übertragen. Nymphen befallen den Menschen sehr häufig. Sie können die Krankheitserreger von Schildzecken-Borreliose, Früh-Sommer-Meningo-Enzephalitis, Anaplasmose, Rickettsiosen, Hasenpest (Tularämie), Babesiose und andere auf den Menschen übertragen, wobei die Borrelien weitaus am häufigsten klinische Erkrankungen verursachen. Selten rufen Babesien eine manifeste Erkrankung des Menschen hervor. Ixodes ricinus ist zu einem beträchtlichen Anteil mit Rickettsia helvetica infiziert, während die Schildzecke Dermacentor marginatus als Überträger von Rickettsia slovaca identifiziert worden ist, welche Lymphadenopathien hervorrufen kann. Die Laboratoriums-Diagnose dieser Erkrankungen erfolgt entweder durch den Nachweis spezifischer Antikörper in gepaarten Serumproben oder durch den direkten Nachweis der Krankheitserreger oder mit Hilfe beider Methoden. Verschiedene Antibiotika dienen zur Behandlung der bakteriellen und durch Babesien verursachten Infektionen. Vor der FSME kann man sich nur durch Impfung schützen.


Key-words:
Ixodes ricinus, Lyme-/hard tick borreliosis, TBE, anaplasmosis, rickettsioses, tularemia, babesiosis


Summary

Among the various species of hard ticks, Ixodes ricinus is the most frequently found tick throughout Europe. As with other ixodid ticks, the developmental cycle runs through three stages. In each stage a blood meal is required in order to develop to the next stage. Ixodes ricinus has been found to feed on more than 300 different vertebrate species. Usually, larval ticks feed on small mammals such as mice and become infected with various microorganisms and viruses, of which some are substantial pathogens to humans. The pathogens remain in the tick during molting andare thus transstadially transmitted to the next developmental stage. Pathogens transmitted to humans are the agents of hard tick borreliosis, the tick-borne encephalitis virus, Rickettsia spp., Anaplasma phagocytophilum, occasionally Francisella tularensis, protozoal Babesia species and other, which may also cause manifest infections in humans in Central Europe. The hard tick Dermacentor marginatus transmits Rickettsia slovaca, agent of tick-borne lymphadenopathia. Laboratory confirmation of the diseases which are caused by these agents is either made by detection of specific antibodies in blood samples of the acute and of the reconvalescent phase of the disease or by direct detection of the agent or by both. Certain antimicrobial chemotherapeutics are effective in the treatment of the bacterial and protozoal infections. TBE can only be prevented by active immunisation.



Einleitung

Zecken gehören weltweit zu den wichtigsten Überträgern von Krankheitserregern des Menschen. Die meisten Zecken gehören einer von zwei Familien an, den Schildzecken oder den Lederzecken. Während Lederzecken hauptsächlich Rückfallfieber-Borrelien in relativ trockenen Klimaten übertragen, übertragen Schildzecken eine Fülle verschiedener Krankheitserreger. Unter den Schildzecken Europas ist Ixodes ricinus am weitesten verbreitet und bei weitem die häufigste Zeckenart auf unserem Kontinent. Von den zahlreichen Krankheitserregern, die sie übertragen kann, spielen derzeit Borrelien und FSME-Viren klinisch die wichtigste Rolle. Bezüglich FSME ist Österreich ein Ausnahmeland, weil aufgrund der breiten Durchimpfung der Bevölkerung die Erkrankungszahlen im Vergleich mit den Nachbarländern sehr niedrig sind.

Mit Schildzecken-Borrelien wird jährlich eine unbekannte Zahl von Personen infiziert; zwischen 50.000 und 100.000 Personen erkranken jährlich manifest an Borreliose. Es gibt allerdings viele andere Erreger, die klinisch offensichtlich nicht diese dominante Rolle spielen, aber in Ixodes ricinus-Zecken häufig vorkommen. Dazu gehören Babesien, Rickettsien, Anaplasmen und der Hasenpest-Erreger Francisella tularensis.

Der Ausdruck „Schildzecken-Borreliose“ sollte anstelle des Begriffs Lyme-Borreliose (oder Lyme-Krankheit) verwendet werden. Auch der Ausdruck „Borreliose“ eignet sich, wenn man nur in Erinnerung behält, dass es die „Lederzecken-Borreliose“(endemisches Rückfallfieber) gibt. Zwar waren es insbesondere Gelenkserkrankungen von Kindern aus den Ortschaften Lyme, Old-Lyme und East Haddam in Connecticut, die Mitte der 1970er Jahre Anlass zur Beschreibung der neuen Arthritis-Form „Lyme-Arthritis“ gaben (Steere et al. 1977). Die nachfolgenden Forschungsarbeiten zeigten aber, dass das initiale und führende Krankheitssymptom, das Erythema (chronicum) migrans, in Europa schon seit Beginn des 20. Jahrhunderts bekannt war (Afzelius 1909, Lipschütz 1913). Andere Manifestationen der später als Borrelieninfektion erkannten Erkrankungen, wie zum Beispiel das Bannwarth-Syndrom, waren ebenfalls längst in sehr detaillierten Beschreibungen und Studien aus Europa erfasst (Bannwarth 1941, Schaltenbrand 1967). Selbst die bakterielle/Spirochäten-Ätiologie wurde wiederholt geäußert (Hellerstrom 1951, Hollstrom 1951, Weber 1974). Dazu gab es schon früh die Gewissheit, dass Zecken als Überträger fungieren müssen (Lipschütz 1923). Der spektakuläre Durchbruch kam mit der Entdeckung und Anzüchtung von Spirochäten aus Schildzecken im Jahr 1981/82 durch W. Burgdorfer (Burgdorfer et al. 1982) und Alan Barbour (1984). Wesentlich für den ursächlichen Zusammenhang war die Anzüchtung der Borrelien aus Haut, Blut und Liquor von Patienten (Burgdorfer et al. 1983, Steere et al. 1983, Benach et al. 1983), die uns am Hygiene-Institut der Universität Wien ebenfalls im selben Zeitraum gelang (Stanek et al. 1985a, b).

 

Schildzecken

Einzige Nahrungsquelle Blut
Die einzige Nahrungsquelle für Zecken ist Blut. Schildzecken saugen nur einmal in jedem Entwicklungsstadium (Larve, Nymphe, adulte weibliche und männliche Zecke) und nehmen dabei im Lauf von Tagen eine relativ große Blutmenge von derselben Körperstelle des Wirts auf. Der Entwicklungszyklus verschiedener Schildzeckenarten ist sehr ähnlich. Die europäische Zecke Ixodes ricinus, der so genannte Holzbock, sucht in seinen verschiedenen Entwicklungsstufen (Larve, Nymphe und adulte Tiere) in der bodennahen Vegetation vorbeikommende Blut-Wirte. Auf dem Wirt sucht die Zecke eine geeignete Hautstelle für die Blutmahlzeit, schlitzt die Haut mit den skalpellartigen Mundwerkzeugen (Chelizeren) auf, führt den gezahnten Rüssel (Hypostom) in die Wunde, welcher zusammen mit dem so genannten Zement, der von den Speicheldrüsen sezerniert wird, die Zecke fest an ihrem Platz verankert. Dort haftet die Zecke für einige Tage fest: Larven 2-3 Tage, Nymphen 4-5 Tage und adulte weibliche Zecken 7-9 Tage. In dieser Zeit wächst sowohl der Darm als auch die Haut aktiv, um die enormen Blutmengen zu bewältigen, welche in den letzten 24 Stunden der Blutmahlzeit aufgenommen werden (Gray 2002). Die adulte männliche Zecke, deren Rücken zur Gänze von einem Chitinschild bedeckt ist, nimmt selbst nur sehr selten eine, und dann eine sehr kleine Blutmahlzeit, befruchtet das Weibchen gewöhnlich bei ihrer Blutmahlzeit an einem großen Wirtstier und stirbt dann ab. Zecken stechen Blutgefäße nicht direkt an, sondern bilden durch Sekretion vasoaktiver Mediatoren und Immunmodulatoren einen „Ernährungs-Teich“, den so genannten „feeding pool“, in dem das Blut flüssig bleibt und Gegenreaktionen des Wirts unterdrückt werden. Die Blutmahlzeit wird durch Wasser-Extraktion konzentriert, das Wasser durch die Speicheldrüsen der Zecke in den Wirt zurück sezerniert. Mit dem Wasser werden auch die Krankheitserreger in den Blutwirt transportiert.

Verwandlungen:
Larve, Nymphe, Adulte (weibliche und männliche Zecke)

Wenn die Zecke vollgesogen ist, zieht sie das Hypostom zurück, fällt vom Wirtstier ab, beginnt die Blutmahlzeit zu verdauen und sich ins nächste Stadium zu entwickeln. Die Verdauung erfolgt durch Pinozytose (Mikrophagozytose) und Endozytose der Blutbestandteile durch die Darmwandzellen. Danach folgt eine intrazelluläre Verdauung anstelle einer intraluminalen Verdauung, wie sie bei den meisten anderen hämatophagen Arthropoden üblich ist. Die Verdauung und die anschließende Verwandlung in ein neues Entwicklungsstadium gehen langsam vor sich. Die Entwicklung kann in den gemäßigten Klimazonen einige Monate dauern. Nach der Metamorphose folgt eine Ruhephase, bis die ungesogene Zecke schließlich auf die Vegetation klettert und einem neuen Blutwirt auflauert. Bei Ixodes ricinus kann zwischen den Blutmahlzeiten ein ganzes Jahr vergehen.

Krankheitserreger in Zecken
Krankheitserreger sind entweder bereits durch transovarielle Übertragung in den Larven vorhanden (wie Babesien und FSME-Viren), und/oder sie werden von verschiedenen Wirtstieren bei der Blutmahlzeit aufgenommen. Das Überleben von aufgenommenen Mikroorganismen wird durch den von Verdauungs-Enzymen freien Darm von Schildzecken begünstigt. Die meisten von Zecken übertragenen Krankheitserreger durchdringen die Darmwand kurz nach ihrer Aufnahme mit der Blutmahlzeit und befinden sich als Infektionserreger in den Speicheldrüsen des nächsten Entwicklungsstadiums der Zecke. Ausnahmen bilden die Borrelien. Diese Krankheitserreger bleiben im Darm und wandern erst bei der Blutmahlzeit des nächsten Entwicklungsstadiums der Zecke in die Speicheldrüsen. Sie benötigen eine bestimmte Zeit zur Aktivierung, welche gewöhnlich durch Temperaturerhöhung bei der Blutmahlzeit erreicht wird. Da jedes Zecken-Entwicklungsstadium nur einmal eine Blutmahlzeit benötigt, werden die Infektionserreger durch ein Entwicklungsstadium aufgenommen (Larve oder Nymphe) und durch das nächste übertragen (Nymphe oder adulte weibliche Zecke); man nennt dies die transstadiale Übertragung.

Lebensbereich und Mikroklima
Die frei lebenden Stadien von Schildzecken sind gegenüber Austrocknung sehr empfindlich. Sie können in einem Milieu mit weniger als 80% relativer Luftfeuchte nicht überleben. Diese Lebensbedürfnisse zwingen die Zecken in Bereiche (Habitate), in denen die relative Luftfeuchte in der bodennahen Vegetation selbst im Hochsommer nicht unter 85% abfällt. Ungesogene Zecken und solche, die kürzlich eine Blutmahlzeit beendet haben, nehmen Wasser aus der feuchten Umgebungsluft durch hygroskopische Substanzen auf, die von den Speicheldrüsen sezerniert werden. So ausgestattet können ungesogene Zecken ihre Wirtssuche auch in die obere Vegetation ausdehnen und ihren Blutwirten über einige Tage auflauern, bevor sie zur Rehydrierung wieder auf den Erdboden zurück müssen. Zecken können in offenen Gebieten mit häufigen Regenfällen und dichter Vegetation existieren. Allerdings ist ein Habitat aus Laub- und Mischwäldern typischer, weil es die Lebensbedingungen für alle Entwicklungsstufen bietet und dazu noch eine Fülle von Wirtstieren für Ixodes ricinus und für andere Schildzeckenarten bereithält.

Wirtstiere je nach Entwicklungsstadium
Die drei Entwicklungsstadien der Schildzecken befallen verschiedene Wirte. Larven befallen gewöhnlich Nager, Nymphen befallen Vögel und mittelgroße Säugetiere, während adulte weibliche Zecken große Wirtstiere wie Rehe und Rotwild zur Blutmahlzeit aufsuchen. Larven bewegen sich bis zu 20 cm, Nymphen bis zu 40 cm und adulte Zecken bis zu 80 cm über dem Erdboden, und das nur so lange, bis sie die Austrocknungsgefahr in Bereiche mit idealer Luftfeuchte hinunter drängt. Doch selbst adulte Zecken klettern gewöhnlich nie höher als einen halben Meter über dem Boden. Die unterschiedliche Verteilung auf der Vegetation erklärt wahrscheinlich auch die relative Wirtsspezifität der Zecken. Alle Stadien von Ixodes ricinus befallen auch den Menschen, aber es ist mehrfach belegt, dass Nymphen den Menschen viel öfter befallen als Larven oder Adulte.

Wirtssuche je nach Saison
Schildzecken vermeiden trockene und kalte Perioden des Jahres. In den meisten Habitaten ist die Wirtssuche im Frühling und Frühsommer am intensivsten und im Sommer am geringsten. Bei uns beobachtet man einen zweiten, etwas niedrigeren Aktivitätsgipfel der Zecken im Herbst. Dieses Grundmuster variiert selbstverständlich wegen der unterschiedlichen Wirte und des Einflusses von Makro- und Mikroklima. Die Perioden der Wirtssuche regulieren Zecken durch eine Ruhepause nach einer Stadienwandlung, die sogenannte Diapause. Sie gilt für Eier, voll gesogene Larven und Nymphen. Die Diapause schützt Zecken davor, ihre Entwicklung im Frühwinter zu beginnen, und verzögert die Aktivität der ungesogenen, hungrigen Zecken bis nach dem Hochsommer.

Einflüsse auf Zeckenpopulationen
In jedem Habitat hängt die Dichte der Zeckenpopulationen von der Art der Vegetation, von Klima und Wetter sowie von der Anwesenheit von Blutwirten in den parasitischen Lebensphasen ab. Optimale Habitate sind Laubwälder in gemäßigten Klimazonen, welche gewöhnlich auch Lebensraum für zahlreiche Blutwirte der Zecken sind. Große Tiere haben als Blutwirte den größten Einfluss auf die Dichte der Zeckenpopulation. Falls das Habitat speziell für die frei lebenden Entwicklungsphasen der Zecken geeignet ist, genügt sogar eine relativ kleine Zahl von Wild, um eine sehr große Zeckenpopulation zu erhalten. Das Verständnis der Faktoren, die eine dichte Zeckenpopulation bedingen, hat auch einen Voraussagewert für z.B. Klimaänderungen. Dies belegt eine Studie aus Schweden, in der die Ausbreitung von Ixodes ricinus in den Norden des Landes und die damit verbundene Zunahme von FSME-Fällen in Schweden auf die seit mehr als einem Jahrzehnt wärmeren Wintertemperaturen zurückgeführt wird (Lindgren et al. 2000). Temperaturzunahme kann die Zeckendichte und Zeckenverteilung auf verschiedene Weise fördern. Es steht mehr Zeit für den Ablauf des Entwicklungszyklus innerhalb einer Saison zur Verfügung, die Zeckenhabitate können sich durch intensiver wachsende Vegetation weiter ausdehnen, und geeignete Blutwirte stehen wegen der besseren Winterbedingungen für Wildtiere auch im Herbst und Winter zur Verfügung. Weiters finden sich infektiöse Zecken noch in Höhen von 1350 m (Stünzner et al. 2006).

 

Schildzecken-Borreliose (folgend Borreliose)

Borrelien
Borrelien sind Bakterien aus der Familie der Spirochätazeen. Krankheitserreger in Europa sind Borrelia afzelii, B. burgdorferi sensu stricto und B. garinii; in Einzelfällen wurden B. valaisiana, B. bissettii und B. spielmanii von Patienten mit Borreliose isoliert. In Europa ist der wichtigste Vektor die Zecke Ixodes ricinus. Nager und Vögel sind wichtige Reservoire dieser Borrelien. Durchschnittlich sind in Österreich 22% der Ixodes ricinus-Zecken mit Borrelien infiziert (Radda et al. 1986, Stanek et al.1986). In Nordamerika ist nur B.burgdorferi sensu stricto als Krankheitserreger vorhanden.

Krankheitsbilder und Diagnose
Die Borreliose ist die häufigste von Schildzecken übertragene bakterielle Infektionskrankheit in der nördlichen Hemisphäre. Erkrankungsfälle sind aus ganz Europa bekannt. Die Krankheitserreger werden ausschließlich durch Ixodes-Zecken übertagen. Die Infektionskrankheit manifestiert sich in Erkrankungen von Haut, Nervensystem, Muskel- und Skelettsystem, Herz und seltener anderer Organe wie Augen, Nieren und Leber. Rund 3% erkranken nach einem Zeckenstich an Borreliose. Der Zeckenstich wird nur etwa von der Hälfte der Betroffenen bemerkt. Wir unterscheiden frühe lokalisierte, frühe disseminierte, späte und chronisch persistierende oder progrediente Infektionen. Dissemination und Organmanifestation sind an Eigenschaften der jeweiligen Borrelienstämme sowie an die Gast-Wirts-Beziehung gebunden, die heute nur in Ansätzen verstanden werden.

Die klinischen Manifestationen der Schildzecken-Borreliose sowie die wesentlichen Elemente der Diagnostik entsprechen den klinischen Falldefinitionen der European Union Concerted Action on Lyme-Borreliosis (EUCALB) (Stanek et al. 1996) und dem Lancet Seminar (Stanek, Strle 2003).

Erythema (chronicum) migrans
Das Erythema migrans ist die häufigste Manifestation der Borreliose und bei über 85% der Patienten die einzige klinische Erscheinung, die in Europa ganz überwiegend von Borrelia afzelii hervorgerufen wird. Die Hautinfektion entwickelt sich nach einer variablen Inkubationszeit von wenigen Tagen bis über einen Monat nach dem infektiösen Zeckenstich. Sie ist durch einen sich zentrifugal um die Stichstelle ausbreitenden roten Fleck charakterisiert (Abbildung 1, 2). Eine zentrale Abblassung wird bei zunehmender Ausdehnung des Erythems häufig beobachtet (Abbildung 3), die Kokardenform ist ebenfalls nicht ungewöhnlich (Abbildung 4). Multiple Erythemata (MEM) entstehen infolge hämatogener Verbreitung der Borrelien vom ursprünglichen Erythem. Neben dem ersten Erythem entstehen unabhängig von der Zeckenstichstelle auf verschiedenen Hautstellen weitere Erytheme. MEMs werden in Europa viel seltener als in den USA und dann häufiger bei Kindern beobachtet. Bestätigt wird die Diagnose durch die Anzüchtung von Borrelien und/oder den Nachweis von Borrelien-DNA in Hautproben. Serologische Untersuchungen zum Nachweis der aktuellen Infektion sind für die Diagnose „Erythema migrans“ nicht zielführend (Stanek et al. 1999). Wird dennoch die Serologie gewünscht, sollten 8 ml Nativ-Blut und 4 ml EDTA-Blut zum Zeitpunkt der klinischen Diagnose und noch einmal 6-8 Wochen später abgenommen werden und am besten an das Referenzzentrum für „Borrelia“ im Hygiene-Institut der Medizinischen Universität Wien eingesendet werden. Die Ergebnisse stellen einen Ausgangswert dar, beeinflussen aber weder die klinische Diagnose noch geben sie einen Hinweis auf den Behandlungserfolg.

Abbildung 1: Erythema migrans in der Kniekehle

Abbildung 2: Erythema migrans auf der rechten Brust

Abbildung 3: Erythema migrans auf dem Unterschenkel, kurz nach Behandlungsbeginn

Abbildung 4: Erythema migrans, kokardenförmig, auf dem Rücken

Borrelien-Lymphozytom
Das Borrelien-Lymphozytom ist eine seltene Manifestation schmerzloser, blauroter Knoten oder Plaques, die sich bei Kindern gewöhnlich am Ohrläppchen, am Ohrrand oder am Skrotum, bei Erwachsenen an der Brustwarze befinden (Abbildung 5a, 5b, 5c). Ein vorausgegangenes oder vorhandenes Erythema migrans und der histologische Nachweis eines B-Zell-Pseudolymphoms unterstützen die Diagnose. Selten gelingt der Beweis der Borrelien-Infektion durch Anzüchtung von Borrelien (Strle et al. 1992) oder Borrelien-Nukleinsäure-Nachweis aus Hautbiopsien.

Abbildung 5a: Borrelien-Lymphozytom am Ohrläppchen

Abbildung 5b: Borrelien-Lymphozytom am Ohrläppchen

Abbildung 5c: Borrelien-Lymphozytom an der Brustwarze

 

Acrodermatitis chronica atrophicans (ACA)
Dabei handelt es sich um eine chronisch progressive, fibrosierende Hauterkrankung, die in Europa die häufigste Form einer chronischen Schildzecken-Borreliose darstellt. Der Erreger ist ganz überwiegend Borrelia afzelii. ACA tritt gewöhnlich auf den Streckseiten der Extremitäten auf (Abbildung 6), zuerst als teigige Haut-Schwellung oder blaurote Verfärbung, später gefolgt von Atrophie, welche die Haut sehr zart und durchscheinend macht, gefältelt wie Zigarettenpapier (Abbildung 7). Die Venen treten deutlich hervor, eine fleckige Pigmentierung tritt auf. Über Knochenvorsprüngen sind Verdickungen und Knotenbildungen möglich. Bei lange bestehender ACA tritt bei einem Großteil der Fälle eine periphere Neuropathie auf (Kristoferitsch et al. 1988). Die sind alles Folgen einer kontinuierlich bestehenden Infektion. Borrelien wurden aus mehr als 20 Jahre bestehenden ACA-Hautläsionen isoliert. Gewöhnlich findet man bei ACA-Patienten hohe Serumkonzentrationen von IgG-Antikörpern gegen Borrelien. Die klinische Diagnose wird durch das histologische Bild einer intensiven lymphozytären Infiltration, die Anzüchtung von Borrelien und/oder durch den Nachweis von Borrelien-Nukleinsäure in Hautproben bestätigt.

Abbildung 6: Acrodermatitis chronica atrophicans, Unterschenkel

Abbildung 7: Acrodermatitis chronica atrophicans; atrophe, zigarettenpapierdünne Haut

Neuroborreliose
Die frühe Neuroborreliose ist nach dem Erythema migrans die häufigste Manifestation einer akuten Schildzecken-Borreliose in Europa. Mit einer Inkubationszeit von durchschnittlich vier (Kinder) bis sieben (Erwachsene) Wochen manifestiert sie sich als milde aseptische Meningitis, isolierte einseitige oder manchmal beidseitige Fazialisparese oder als Neuritis anderer Hirnnerven, beziehungsweise bei Erwachsenen gewöhnlich als schmerzhafte Meningo-Radikuloneuritis (Garin-Bujadoux-Bannwarth-Syndrom) mit oder ohne Fazialis-Lähmung oder Lähmung anderer Hirnnerven. Das diagnostische Spektrum umfasst Radikuloneuritis, Meningoradikulitis, kraniale Hirnnervenneuritis, Meningitis, Meningoenzephalitis, Radikulomyelitis, Enzephalitis und Enzephalomyelitis.

Die Radikulitis-Symptome entwickeln sich durchschnittlich sieben Wochen nach dem Zeckenstich oder nach einem Erythema migrans. Dabei treten zuerst Schmerzen auf, die nachts stärker werden mit wechselnder Lokalisation. Die Schmerzen werden als brennend, bohrend, beißend oder reißend erlebt und sprechen nur wenig auf Analgetika an. Bei drei von vier dieser Patienten entwickeln sich nach einer bis vier Wochen neurologische Ausfälle, Lähmungen häufiger als Sensibilitätsstörungen. Die Lähmungen sind oft asymmetrisch verteilt, wobei die Extremität, von der die Zecke entfernt oder an der das Erythema migrans lokalisiert war, häufig deutlicher betroffen ist als die Gegenseite. Da die Radikulitis im Gegensatz zu der seltenen Polyneuritis prompt auf eine Behandlung mit Antibiotika anspricht, wird eine primär durch die Erreger hervorgerufene Entzündungsreaktion angenommen.

Bei einem Großteil der Patienten mit Bannwarth-Syndrom kommt es zu Hirnnervenausfällen. Es können alle Hirnnerven beteiligt sein, mit Ausnahme des Riechnervs. Bei Hirnnervenbeteiligung ist ganz überwiegend der Nervus facialis betroffen, wobei ein beidseitiger Befall nicht selten ist. Unabhängig von der Schwere der Fazialisparese ist die Prognose sehr gut. In den meisten Fällen kommt es innerhalb von 1-2 Monaten zu einer vollständigen Rückbildung. Defektheilungen werden bei etwa 5% der Patienten beobachtet.

Eine Beteiligung des zentralen Nervensystems wird im Rahmen einer Neuroborreliose sehr selten festgestellt. Die häufigste Manifestation ist eine Myelitis mit spastisch-ataktischem Gang und Blasenstörung. Die Symptomatik kann sich über Tage oder mehrere Monate entwickeln. Bei 2/3 der Patienten kommt es zu einer schweren Tetra- oder Paraparese. Bei mehr als der Hälfte der Patienten mit Myelitis finden sich zusätzliche Zeichen einer Enzephalitis und bei etwa der Hälfte eine Hirnnervenbeteiligung.

Eine periphere Neuropathie wird bei europäischen Patienten meist in Verbindung mit einer Acrodermatitis chronica atrophicans gesehen. Die Beschwerden äußern sich in distalverteilten Parästhesien. Die wenigen histologischen Untersuchungen zeigten Perivaskulitis und thrombosierte epineurale Blutgefäße.

Im Liquor cerebrospinalis findet sich eine lymphozytäre Pleozytose (Abbildung 8). Intrathekal gebildete spezifische Antikörper lassen sich bei Erwachsenen meist regelmäßig nachweisen. Bei Kindern mit isolierter Fazialisparese sowie sehr früh nach Krankheitsbeginn kann die Liquorpleozytose fehlen (Millner et al. 1989, Stanek 1991). Früh nach Krankheitsbeginn und bei geringer Liquor-Zellzahl gelingt auch die Anzüchtung der Borrelien aus dem Liquor, der Erreger ist überwiegend Borrelia garinii.

Abbildung 8: Charakteristisches Liquorzellbild bei Meningoradikuloneuritis Garin-Bujadoux-Bannwarth

Abbildung 9: Borrelien-Arthritis des linken Knies. Infoge einer Baker-Zyste Wadenschwellung median. (Diese Abbildung wurde von Herrn Prof. Dr. Peter Herzer, München, zur Verfügung gestellt.)

Lyme-Arthritis
Die typische Lyme-Arthritis manifestiert sich als intermittierende oder chronische Mono- oder Oligoarthritis der großen Gelenke (Abbildung 9), die selten mit Erosionen von Knorpel und Knochen verbunden sein kann. Das Knie ist am häufigsten betroffen. Der Nachweis von Borrelien-DNA in Synovialflüssigkeit und Synoviabiopsien sowie der seltene kulturelle Borrelien-Nachweis aus diesen Proben weisen auf eine direkte Infektion des Gelenks hin (Marlovits et al. 2004). Die Gelenksentzündung(en) schwinden nach einigen Jahren spontan. Bei manchen Patienten mit einer so genannten Behandlungsresistenten Arthritis scheint eine genetische Prädisposition zur Lyme-Arthritis zu bestehen, denn sie findet sich viel häufiger bei Personen mit einem HLA-DR2- oder DR4-Phänotyp, was auf einen Immunogenitäts-Faktor in der Pathogenese hinweist. Bei amerikanischen Patienten ist in etwa der Hälfte der Blutsenkungswert leicht erhöht, bei Leukozytose und/oder einem erhöhten Serum-IgM. Das CRP ist gewöhnlich im Normalbereich. Kryoglobuline und zirkulierende Immunkomplexe können vorliegen. Die meisten Patienten haben keine Rheumafaktoren, keine antinukleären Antikörper. Polymorph-kernige Leukozyten überwiegen in der Synovialflüssigkeit, die Zellzahl bewegt sich zwischen 0,5 und 110 x109 pro L.

Die Diagnose Lyme-Arthritis basiert auf der Anamnese, dem klinischen Erscheinungsbild, dem Ausschluss anderer Arthritis-Ursachen und dem Nachweis von Serum-IgG-Antikörpern gegen Borrelien. Die Anzüchtung von Borrelien aus der Synovialflüssigkeit gelingt nur sehr selten. Hingegen ist der Nachweis von Borrelien-DNA in der Synovialflüssigkeit oder in der Synovia mittels PCR sehr sensitiv. Differentialdiagnostisch gleicht die Lyme-Arthritis bei Kindern am ehesten einer oligoartikulären juvenilen Arthritis und bei Erwachsenen einer reaktiven Arthritis.

Lyme-Karditis
Die Borrelien-Infektion des Reizleitungssystems des Herzens äußert sich in transienten Rhythmusstörungen und Atrioventrikulärem Block zweiten und dritten Grades. Die Anzüchtung von Borrelien aus Herzmuskelproben eines Patienten mit lange bestehender dilatativer Kardiomyopathie (Stanek et al. 1990) lässt auch an chronische Herzerkrankungen denken. Für die Begründung eines ursächlichen Zusammenhangs stehen bisher Ergebnisse kontrollierter Studien aus. Insgesamt ist die spezifische Diagnose der Lyme-Karditis durch den Mangel an Möglichkeiten für den direkten Erregernachweis erschwert.

Unspezifische Symptome
Einige Patienten mit einer frühen oder späten Form der Lyme-Borreliose berichten über unspezifische Beschwerden wie Krankheitsgefühl, Müdigkeit, Unruhe, psychische Veränderungen, Depression, Kopf-, Muskel- und Gelenksschmerzen. Borrelien können gelegentlich muskulo-skeletale, neurokognitive oder Müdigkeits-Symptome auslösen, aber diese Vorkommnisse sind ungewöhnlich und die Symptome unterscheiden sich nicht von denen, die durch andere Infektionen oder belastende physische oder emotionale Ereignisse ausgelöst werden.

Laboratoriumsdiagnostik der Borreliose
Direkter Nachweis durch Kulturund/oder PCR
Die Anzüchtung von Borrelien gelingt am besten aus Hautbiopsien vom Erythema migrans. Mit weitaus geringerem Erfolg lassen sich Borrelien aus Liquor cerebro spinalis, Blut, Gelenkspunktat und Synovia-Biopsien sowie Muskel- und Herzmuskelbiopsie anzüchten. Das Untersuchungsmaterial muss vor Beginn der Antibiotikabehandlung gewonnen werden. Anzüchtung und Identifizierung von Borrelien werden im Zentrum für Infektionsdiagnostik mit „Borrelia“ Referenz-Laboratorium durchgeführt.

Wichtiger Grundsatz für die Interpretation eines negativen Ergebnisses nach dem Versuch des direkten Nachweises von Borrelien mittels Kultur und/oder PCR: die Infektion mit dem vermuteten Erreger ist dadurch nicht ausgeschlossen.

Serologie
Bei Erythema migrans ist der Wert eines serologischen Befundes sehr gering. Wenn er gewünscht wird, dann werden zumindest 2 Serumproben im Abstand von 6 bis 8 Wochen benötigt. Die Ergebnisse haben jedoch keinen bestätigenden Wert für die klinische Diagnose, das gilt sowohl für IgM- als auch für IgG-Antikörper.

Bei Vorliegen einer oder Verdacht auf alle weiteren Manifestationen der Borreliose sollten nur noch IgG-Antikörper berücksichtigt werden. Nachweis intrathekal gebildeter IgG-Antikörper ist bei Verdacht auf Neuroborreliose erforderlich; hierzu werden Liquor- und Serumproben vom selben Tag benötigt.

Ergebnisse mit verschiedenen Testsystemen dürfen nicht miteinander verglichen werden. Das noch gültige Prinzip der Borrelien-Serologie ist das „Zwei-Test-Prinzip“. Mit dem ersten sensitiven Test, heute meist ein ELISA, wir nach spezifischen Antikörpern gesucht, mit dem zweiten Test, einem Immunoblot/Westernblot, wird ein grenzwertiges oder positives Ergebnis auf seine Spezifität geprüft. Fällt der Immunoblot negativ aus, dann war das erste Ergebnis falsch grenzwertig oder falsch positiv.

Positive serologische Ergebnisse allein sind keine Indikation für eine antibiotische Behandlung! Bei positiver Serologie ohne Klinik ist ein Kontrolltest nach 3-4 Monaten zu empfehlen.

 

Therapie der Borreliose

Prinzip und Behandlungszeit
Alle klinischen Manifestationen der Lyme-Borreliose sollen mit Antibiotika behandelt werden. Nur solche Antibiotika dürfen verwendet werden, die sich in vitro und in klinischen Studien als wirksam erwiesen haben. Die Ergebnisse einer Behandlung hängen nicht nur von Lokalisation, Ausdehnung und Dauer der klinischen Manifestationen ab, sondern auch vom ausgewählten Antibiotikum, von Dosis, Behandlungsdauer, möglichen Nebenwirkungen und Komplikationen. Patienten mit Neuroborreliose erhalten Antibiotika primär intravenös, bei den meisten anderen Manifestationen werden Antibiotika oral verabreicht. Zehn bis 14 Tage sind die empfohlenen Behandlungszeiten für Erythema migrans, Borrelien-Lymphozytom und Neuroborreliose.

Antibiotika
Geeignete Antibiotika für die Behandlung lokalisierter Manifestationen sind Phenoxymethylpenicillin (Penicillin V), Amoxicillin, Cefuroxim und Doxycyclin, die oral verabreicht werden. Azithromycin hat sich ebenfalls als wirksam erwiesen (Strleet al. 1996), ist aber in Österreich für diese Indikation nicht zugelassen. Neuroborreliose wird mit Ceftriaxon oder Penicillin G behandelt, welche intravenös gegeben werden (Stanek & Strle 2003). Zur Behandlung chronischer Manifestationen werden dieselben Substanzen verwendet, die Behandlungszeit wird in der Regel aber verdoppelt (Tabelle 1).

Tabelle 1: Behandlung der Schildzecken-Borreliose

Bei oralen Penicillinen wird allgemein empfohlen, die Tagesdosis auf zwei bis drei Einzelgaben aufzuteilen. Eine Tagesdosis von 25.000 I.E. Penicillin V pro kg Körpergewicht sollte bei Kindern und Erwachsenen nicht unterschritten werden. Dosierungen bis 6.0 Mega I.E. Penicillin V pro Tag werden von Erwachsenen komplikationslos vertragen. Penicillin V ist auch zur Behandlung von Erythema migrans in der Schwangerschaft geeignet.

Patienten mit Neuroborreliose und schwerer Lyme-Karditis werden mit Ceftriaxon oder mit Penicillin G intravenös für 2-3 Wochen und nur ausnahmsweise oral mit Doxycyclin behandelt. Für die Behandlung von Acrodermatitis chronica atrophicans und Arthritis werden Doxycyclin, Amoxicillin (beide oral) oder Ceftriaxon (parenteral) empfohlen.

Seropositive Gesunde nicht behandeln !
Bei Personen mit Antikörpern gegen Borrelien, aber ohne klinische Zeichen einer Erkrankung wird empfohlen zu beobachten, denn eine Antibiotika-Behandlung von gesunden, seropositiven Personen ist nutzlos. Das gilt auch für Personen, die nach den Empfehlungen behandelt worden und nur unvollständig genesen sind. Sie können an lange anhaltenden Symptomen wie hartnäckiger Müdigkeit, Myalgien, Arthralgien, Parästhesien oder Dysästhesien oder Beeinträchtigung der Gedächtnisleistung und Stimmungsschwankungen leiden. Dieses Syndrom wird „post-treatment chronic Lyme borreliosis“ genannt. Ergebnisse von Studien aus den USA zeigten, dass die Symptome solcher Patienten durch lange dauernde Antibiotika-Behandlung (i.v. Ceftriaxon für 30 Tage, gefolgt von oralem Doxycyclin für 60 Tage) nicht besser beeinflusst wurden als durch Plazebo.

Therapieversager
Wenn Symptome nach einer den Empfehlungen entsprechenden Behandlung anhalten, darf man diese nicht ohne Weiteres mit einer Persistenz der Borrelien gleichsetzen. Nur extrem selten gelingt der mikrobiologische Beweis eines Behandlungsfehlers nach einer entsprechenden Therapie. Allerdings scheinen Borrelien postinfektiöse Syndrome bahnen zu können, wie Fibromyalgie, wobei die Symptome in Abwesenheit lebender Borrelien bestehen bleiben und daher auch nicht auf Antibiotika reagieren. Manchmal ist ein Therapieversagen auf eine irreversible Gewebsschädigung durch die Borrelien-Infektion zurückzuführen. Aber wahrscheinlich viel häufiger ist eine falsche Diagnose Ursache für Therapieversagen. Daher ist die Behandlung von seropositiven Patienten mit – zum Beispiel – Arthralgien und Myalgien viel eher eine Behandlung von serologischen Ergebnissen und nicht von Borreliose.

 

Prophylaxe

Antibiotikaprophylaxe
Die Gabe von Antibiotika nach einem Zeckenstich wird in Europa nicht empfohlen. Bei einer Manifestationsquote von etwa 4% wäre die breitgestreute Gabe von Antibiotika nicht nur unnötig sondern sogar gefährlich, da sie ein Großteil gar nicht gebraucht hätte, aber durch die Behandlung an anderen Infektionen erkranken könnte (wie z.B. Pilzinfektionen von Schleimhäuten).

Immunprophylaxe
Eine aktive Immunisierung mit einem rekombinanten OspA-Serotyp-1-Impfstoff (OspA-Serotyp 1 ist ein dominantes immunogenes Oberflächenprotein von Borrelia burgdorferi sensu stricto) war in den USA über 3 Jahre im Handel, wurde aber am Beginn des Jahres 2002 vom Markt genommen. Die Impfung erzielte eine Schutzrate von 80 –100%, die Frequenz der Auffrischungsimpfungen war noch nicht definiert. Wegen der unterschiedlichen Genospezies und der großen Zahl von Serotypen in Europa sind hier bei der Entwicklung eines Lyme-Borreliose-Impfstoffes zahlreiche Probleme zu bewältigen.

 

Früh-Sommer-Meningo-Enzephalitis (FSME)

Infektionsmöglichkeit
Das FSME-Virus ist das bedeutendste durch Zecken übertragene Flavivirus. Das FSME-Virus-Genom ist sehr stabil, seine Oberflächenantigene bleiben praktisch unverändert. Man unterscheidet den europäischen, zentral-sibirischen und den fernöstlichen Subtyp des FSME-Virus. Das Virus zirkuliert in Naturherden zwischen kleinen Säugetieren, Weidetieren und Schildzecken. Menschen werden gewöhnlich durch Zeckenstich in einem Naturherd infiziert. Es besteht aber auch die seltene Möglichkeit, FSME-Viren durch Genuss nicht pasteurisierter Milch von infizierten Milchtieren aufzunehmen. Die Erkrankung wurde deshalb früher auch biphasisches Milchfieber genannt. Die FSME ist in umschriebenen geografischen Gebieten Europas endemisch (siehe Website des Bundesministeriums für Gesundheit, Familie und Jugend http://www.bmgfj.gv.at).

Krankheitsverlauf
Typischerweise verläuft die FSME in zwei Phasen. Die erste Erkrankungsphase tritt 4 bis 14 Tage nach dem Zeckenstich auf und dauert nur wenige Tage. Sie ist durch Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, eventuell katarrhalische Symptome des Respirationstraktes und gelegentlich durch Beschwerden seitens des Magen-Darm-Traktes gekennzeichnet. Diese unspezifischen Symptome werden nicht unzutreffend als Sommergrippe bezeichnet. Nach einem Intervall von wenigen Tagen beginnt die zweite Erkrankungsphase, sofern das Virus die Blut-Hirn-Schranke durchsetzt und das Gehirn und die Hirnhäute infiziert hat. Das Fieber ist jetzt höher, begleitet von heftigen Kopfschmerzen und Erbrechen. Die zweite Phase kann als Meningitis, Meningoenzephalitis oder als Meningoenzephalomyelitis verlaufen. Auch periphere Nerven können betroffen sein. Selbst schwerste Formen der FSME heilen meist folgenlos aus; nur selten bleiben Lähmungen zurück.

Spezifische Diagnose
Wegen des uncharakteristischen Krankheitsbildes erfolgt die spezifische Diagnose gewöhnlich durch Nachweis spezifischer IgM- und IgG-Serum-Antikörper (Holzmann et al.1996). Beim Ausbruch der Erkrankung des Zentralnervensystems lassen sich nur in 50% spezifische Liquor-Antikörper nachweisen, ab dem 10. Krankheitstag finden sie sich bei allen Patienten (Hofmann et al. 1983).

Prophylaxe
Eine spezifische Behandlung gibt es nicht, bei ausgebrochener Erkrankung kann nur symptomatisch behandelt werden. Für die spezifische Prophylaxe stehen Impfstoffe zur intramuskulären Verabreichung zur Verfügung. Die österreichische Bevölkerung hat die Empfehlungen zur Schutzimpfung gegen FSME eindrucks vollbejaht. Mehr als 80% der Gesamtbevölkerung sind geimpft (Kunz et al. 1991). Erst diese umfassende Immunisierung, nicht aber die gezielte Immunsierung von exponierten Personen allein, hat zu einer signifikanten Reduktion der FSME in Österreich geführt. Die aktive Immunisierung erfolgt mit einer inaktivierten FSME-Ganzvirus-Vakzine (Baxter, Novartis Behring), die für Kinder (0,25 ml) und Erwachsene (0,5 ml) zur Verfügung steht. Für die Vollimmunisierung sind drei Impfungen erforderlich nach dem Zeitschema 0-1-12 Monate. Auffrischungs-Impfungen erfolgen nach den Empfehlungen im jeweiligen Impfplan (siehe Website des BMfGFJ http://www.bmgfj.gv.at). Vor einer Auffrischungsimpfung kann der Grad der bestehenden Immunität durch serologische Untersuchungen ermittelt werden. Die Serokonversionsrate nach FSME-Impfung liegt zwischen 98 und 99%, die Schutzrate über 98%. Eine passive Immunisierung wird wegen der geringen oder fraglichen Schutzwirkung und der möglichen Komplikationen bei verspäteter Gabe heute völlig abgelehnt.

 

Humane Granulozytäre Anaplasmose (HGA)

Krankheitserreger
Anaplasma phagocytophilum ist ein kleines (0,5-2,0 µm), pleomorphes, obligat intrazelluläres, Gram-negatives Bakterium. Es bildet in den neutrophilen Granulozyten, den Zielzellen des Bakteriums, intrazytoplasmatische Mikrokolonien aus, so genannte Morulae, aus denen sie durch Zytolyse freigesetzt werden und weitere neutrophile Granulozyten befallen können. A. phagocytophilum befällt die primären Effektorzellen der antibakteriellen Abwehr und verfügt über Mechanismen gegen die intrazelluläre Abtötung.

In Europa wurde A. phagocytophilum erstmals aus dem Blut eines Patienten in Slowenien kultiviert (Petrovec et al. 1997). Die Zecke Ixodes ricinus fungiert als Vektor von A. phagocytophilum in Europa. Welche Reservoirtiere eine Rolle spielen, bleibt noch zu erforschen. Die Prävalenz von A. phagocytophilum in Ixodes ricinus-Zecken aus Österreich ist relativ hoch (ca. 14%; Publikation in Vorbereitung), jedoch wurden Anaplasmosen bei uns bisher nur sehr selten beobachtet.

Krankheitsverlauf
Die Erkrankung beginnt etwa 1 Woche (bis zu 30 Tagen) nach Zeckenstich akut mit unspezifischen „Grippe-ähnlichen“ Symptomen (Leitsymptomen) wie hohes Fieber (>39°C), Schüttelfrost, Krankheitsgefühl, Kopf- und Muskelschmerzen und zusätzlichen Beschwerden wie Schwindel, Erbrechen, Arthralgien und trockener Reizhusten. Die Symptome halten gewöhnlich nur einige Tage an, allerdings sind auch Verläufe von mehr als 2 Monaten bekannt. Nach Beginn einer adäquaten antibiotischen Therapie entfiebern die Patienten typischerweise prompt. Differentialdiagnostisch ist die HGA vor allem gegenüber Virusinfektionen, in erster Linie gegenüber der FSME abzugrenzen (Lotric-Furlan et al. 2006)

Spezifische Diagnose
Die Diagnose erfolgt durch hämatologische und mikrobiologische Untersuchungen. Veränderungen im Blutbild sind Thrombozytopenie, Leukozytopenie, Erhöhung von Transaminasen und C-reaktivem Protein. Für die mikrobiologische Diagnose werden EDTA-Blut (PCR und Nachweis von Morulae in neutrophilen Granulozyten) und Serum für den Nachweis spezifischer Antikörper benötigt.

Behandlung
Die Behandlung erfolgt bei Kindern und Erwachsenen mit Doxycyclin für 7 Tage.

 

Rickettsiosen

Krankheitserreger
Rickettsien sind Gram-negative, kokkobazilläre Bakterien, die sich obligat intrazellulär vermehren. Sie befallen Gefäßendothelien. In Österreich ist ein hoher Anteil, etwa 1/3 von Ixodes ricinus-Zecken mit Rickettsia helvetica durchseucht (Publikation in Vorbereitung). Die Präsenz von R. helvetica in Europa in Ixodes ricinus bewegt sich zwischen 2,5% und 38% (Fournier et al. 2000). R. slovaca wird in Mitteleuropa von der Schildzecke Dermacentor marginatus übertragen, wurde allerdings auch aus I. ricinus und D. reticulatus isoliert (Rehacek et al. 1997). Rickettsien gelangen in alle Organe der Zecke und vermehren sich im Zytoplasma ihrer Zellen. Die Übertragung erfolgt über den Zeckenspeichel.

Krankheitsverlauf
Rickettsia helvetica
Der Krankheitsverlauf ist mit Fieber, Abgeschlagenheit, Muskel- und Kopfschmerzen nicht charakteristisch. Derzeit sind diagnostische Verfahren zum direkten und indirekten Nachweis noch im Aufbau.

Rickettsia slovaca
Ein charakteristisches Krankheitsbild wurde erstmals 1996 in Ungarn beobachtet und führte zur Beschreibung des Syndroms „tick-borne lymphadenopathy, TIBOLA“ (Lakos 2002). Krankheitserscheinungen bestehen in vergrößerten, zum Teil schmerzhaften regionalen Lymphknoten und/oder vesikulären ulzerativen Hautreaktionen (Eschar) an der Zeckenstichstelle. Kinder sind davon ganz überwiegend betroffen. Der Zeckenstich durch D. marginatus befindet sich bei 96% der Patienten auf der behaarten Kopfhaut. Die Inkubationszeit erstreckt sich von wenigen Tagen bis zu 2 Monaten. Geringgradiges Fieber, Müdigkeit, Benommenheit, Kopfschmerzen, Myalgien, Gelenksschmerzen und Appetitverlust bilden die Begleitsymptome. Die Diagnose erfolgt idealerweise durch den molekularbiologischen Nachweis von Rickettsia slovaca aus Lymphknoten-Biopsien.

Behandlung
Doxycyclin ist das Antibiotikum der Wahl.

 

Tularämie (Hasenpest)

Krankheitserreger
Francisella tularensis ist ein Gram-negatives Bakterium, das in bestimmten geografischen Gebieten Europas, wie zum Beispiel in den österreichisch-slowakischen Grenzlandschaften entlang der March, endemisch ist. Verschiedene Kleinsäuger wie Nager und Hasen fungieren als Reservoire. In Mäusen aus diesen Gebieten lassen sich Mischinfektionen mit verschiedenen Borrelienarten und F. tularensis von August bis Dezember nachweisen, während Borrelien durchgehend von Mai bis Jänner gefunden werden (Vyrosteková et al. 2002). F. tularensis findet sich nicht nur in Dermacentor-Zecken, sondern auch in Ixodes ricinus. Der Übertragungsweg durch Zeckenstich ist ungewöhnlich, da der direkte Kontakt mit verendeten Tieren oder mit dem Blut beim „Abziehen“ von Hasen oder nach Genuss von unzureichend erhitztem Fleisch sowie auch von nicht pasteurisierter Milch von infizierten Tieren ausreicht, um die Krankheitserreger zu übertragen.

Krankheitsverlauf
Bei der Übertragung durch Zeckenstich entsteht um die Stichstelle ein ausgestanztes Geschwür. Danach kommt es zur Schwellung der regionalen Lymphknoten und gelegentlich zu Fieber (ulzeroglanduläre Form). Von den in der West-Slowakei in den Jahren 1985 bis 1998 beobachteten 418 Tularämie-Fällen wurden 45 (11%) durch Zeckenstich übertragen (Gurycova et al. 2001). Bei der aerogenen Übertragung kann eine hoch fieberhafte Lungenentzündung entstehen. Massenerkrankungen durch F. tularensis bei Arbeitern einer Zuckerfabrik im Marchfeld wurden auf das Einatmen von Wassertröpfchen bei der Reinigung von Zuckerrüben zurückgeführt. Die Tröpfchen enthielten Partikel von Mäusekadavern, in denen sich vitale Francisellen befanden (Hayek & Flamm 1967).

Spezifische Diagnose
Die Laboratoriums-Diagnose ist insbesondere wegen der Abgrenzung gegenüber Rickettsiosen und der Durchführung einer geeigneten Therapie notwendig. Es besteht sowohl die Möglichkeit, F. tularensis auf künstlichen Kulturmedien anzuzüchten, als auch die Infektion indirekt durch den Nachweis spezifischer Antikörper in gepaarten Serumproben mittels Agglutinationstest nachzuweisen.

Behandlung
Die Behandlung erfolgt mit Antibiotika wie Doxycyclin oder Gyrasehemmer.

 

Babesiose

Krankheitserreger, Infektionszyklus
Babesien sind kleine Sporozoen, die in den Erythrozyten verschiedenster Säugetiere, und selten auch des Menschen parasitieren. Babesien werden von verschiedenen Schildzecken-Arten übertragen, in denen sie ihren sexuellen Vermehrungszyklus vollziehen. Zecken fungieren durch trans-ovarielle Übertragung auch als Babesien-Reservoir. Eigene jüngste Forschungsergebnisse zeigten, dass Ixodes ricinus in Österreich regional unterschiedlich zu einem beträchtlichen Teil mit Babesien infiziert ist (Publikation in Vorbereitung). Nach Übertragung durch Zeckenstich befallen die infektiösen Babesien Erythrozyten, in denen sie den asexuellen Teil ihres Infektionszyklus vollziehen. In den Erythrozyten sind sie als pleomorphe, ringförmige Strukturen nachzuweisen. Sie ähneln dabei den frühen (trophozoiten) Ring-Formen des Malariaerregers Plasmodium falciparum. Die Erythrozyten werden durch den Babesien-Befall allerdings nicht verändert; sie zeigen weder Tüpfelung noch Pigment. Reife Babesien bilden in den Erythrozyten gelegentlich Tetraden-Formen. Über 100 Babesienarten werden beschrieben. Auch in Mitteleuropa existieren zahlreiche Arten wie Babesia bovis, B. divergens, B. canis, B. ovis und B. major. Die Erreger der Rinderbabesiose, so genanntes Weiderot (Hämoglobinurie), werden durch Ixodes ricinus übertragen, Erreger der Hunde- und Schafe-Babesiose durch Rhipicephalus- und Dermacentor-Zecken. Die Aufklärung der Übertragung und Ursache des Rinder-Texas-Fiebers durch Theobald Smith und Frederick Kilbourne in den Jahren 1889 bis 1893 brachte erstmals die Erkenntnis, dass Zecken nicht nur Ektoparasiten, sondern bedeutende Vektoren verschiedenster Krankheitserreger sind (Assadian & Stanek 2002). Nur wenige Babesienarten können Infektionen des Menschen verursachen; zu diesen gehören B. microti und B. divergens.

Krankheitsverlauf
Von Infektionen mit B. microti aus dem Nordosten der USA ist bekannt, dass die Erkrankung bei nicht-splenektomierten Personen 10 bis 24 Tage nach dem Zeckenstich ausbricht und unbehandelt über einige Wochen bestehen bleibt. Sie verläuft uncharakteristisch und beginnt mit Krankheitsgefühl, Fieber, Schüttelfrost, Schweißausbrüchen, Gelenks- und Muskelschmerzen, Kopfschmerzen, Müdigkeit und Schwäche. Nicht selten finden sich eine Lebervergrößerung und erhöhte Bilirubin- und Transaminase-Werte infolge der hämolytischen Anämie. Seit der ersten Fall-Beobachtung aus dem Nordosten der USA gibt es nun Berichte über jährlich mehrere hundert Fälle aus dieser Region (Kjemtrup & Conrad 2000).

Manifeste Babesien-Infektionen des Menschen in Mitteleuropa sind anscheinend auf Einzelfälle beschränkt (Skrabalo & Deanovic 1957) und erfolgen offensichtlich nur durch B. divergens. Hier betrifft die Infektion in erster Linie splenektomierte oder immunsupprimierte Personen. Die hämolytische Erkrankung beginnt bei dieser Personengruppe schlagartig hochfieberhaft.

Dazu zeigen Ergebnisse seroepidemiologischer Studien, dass eine relativ hohe Seroprävalenz gegen Babesien bei Personen aus Endemiegebieten der Lyme-Borreliose in Europa vorliegt. Das lässt den Schluss zu, dass inapparente Babesien-Infektionen des Menschen offensichtlich regelmäßig vorkommen (Hunfeld et al. 1998).

Spezifische Diagnose
Die Diagnose kann durch den Nachweis von Babesien in Giemsa-gefärbten Blutausstrichen und Dickem Tropfen erfolgen. Allerdings kann die morphologische Diagnose der Babesiose durch die gewöhnlich niedrige Parasitämie falsch negativ ausfallen. Daher werden auch serologische Methoden zur Diagnostik verwendet. Aber der Wert der serologischen Diagnostik (Immun-Fluoreszenz) ist wiederum gemindert durch mögliche Kreuzreaktionen mit Malaria-Erregern. Aufgrund dieser Probleme gehört heute in jedem Fall der hochsensitive Nachweis von spezifischen Nukleinsäuresequenzen mittels geeigneten Amplifikations-Techniken zum diagnostischen Vorgehen.

Behandlung
Zur Behandlung werden Clindamycin, Quinin und Azithromycin kombiniert.

 

Entfernung von Zecken

Eine anhaftende Zecke sollte so bald wie möglich aus der Haut entfernt werden, und zwar mit Hilfe einer geeigneten Pinzette, mit der die Zecke so nah an der Haut wie möglich gefasst und sorgfältig herausgezogen wird. Die Stichstelle sollte dann desinfiziert werden. Ärztliche Hilfe zur Entfernung der Zecke wird nur dann nötig, wenn die Zecke an einer Hautstelle haftet, die nur schwer zugänglich oder sehr empfindlich ist. Das Aufbringen von Öl, Cremen und so fort auf die anhaftende Zecke, oder Drehen und Drücken der Zecke, erhöhen das Infektionsrisiko nicht (Kahl et al. 1998).

 

Form-Variationen des Erythema migrans

 

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Anschrift des Verfassers:
Univ.-Prof. Dr. med. Gerold Stanek
Klinisches Institut für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie,
Abteilung Infektionsimmunologie
Medizinische Universität Wien
A-1095 Wien, Kinderspitalgasse 15
E-Mail: gerold.stanek@meduniwien.ac.at


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