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              | Chinolone 2007 
                – Ein Update |  
             
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                    | H. Burgmann Univ.-Klinik für Innere Medizin I, Klin. Abt. für 
                      Infektionen und Tropenmedizin, Medizinische Universität 
                      Wien
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              | Schlüsselwörter: Antiinfektiva, Chinolone, Pharmakodynamik, Resistenz, Nebenwirkungen
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              | Zusammenfassung
 Fluorchinolone 
                  sind seit vielen Jahren im klinischen Alltag bewährte und 
                  zigtausendfach verordnete Antiinfektiva. Zu den großen 
                  Vorteilen der Gruppe zählen unter anderem die hervorragenden 
                  pharmakokinetischen Eigenschaften, insbesondere die parenteral-orale 
                  Äquivalenz oder aber auch das breite Wirkspektrum. In 
                  den letzten Jahren haben sich unter den vielen Substanzen drei 
                  Vertreter durchgesetzt, mit denen man eigentlich alle möglichen 
                  Chinolon-indikationen abdecken kann: Ciprofloxacin, Levofloxacin 
                  und Moxifloxacin. Durch den unkritischen Umgang mit den Fluorchinolonen 
                  in den letzten Jahren sind wir heute mit einer steigenden Fluorchinolonresistenz 
                  von Keimen konfrontiert, die früher ausgezeichnet mit diesen 
                  Substanzen therapiert werden konnten (z.B. E. coli, 
                  Salmonellen). Die Erfahrung der letzten Jahre hat weiter gezeigt, 
                  dass die adäquate Dosierung maßgeblich die Effektivität 
                  beeinflusst und Unterdosierungen unbedingt vermieden werden 
                  müssen. |  
             
              | Key-words:
 Antiinfektiva, Quinolones, pharmaco-dynamics, resistance, 
                toxicity
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              | Summary
 Quinolones 
                  are one of the largest classes of antimicrobials used worldwide. 
                  No other class of antimicrobial agents has grown so rapidly 
                  or been developed with such interest by pharmaceutical research 
                  companies. Advantages of the quinolones are excellent pharmacological 
                  properties and its wide microbiological coverage. Recently three 
                  compounds are used in clinical practice: ciprofloxacin, levofloxacin 
                  and moxifloxacin. In 
                  recent years quinolones have been overused in many settings, 
                  and this misuse has led to the emergence of resistance to the 
                  class (E. coli, Salmonella, ...). The 
                  challenge to all clinicians is to understand when to prescribe 
                  the quinolones, so that appropriate use is maximized. Prudent 
                  application of these agents lengthens their clinical use, and 
                  it is hoped delays emergence of resistance.  |  
 
             
              | Einleitung
 Mit 
                  mehr als 800 Millionen Verordnungen weltweit zählen die 
                  Chinolone zu den wichtigsten Antiinfektiva-Gruppen. Ursprünglich 
                  in den Siebzigern für Harnwegsinfektionen in Verwendung, 
                  wurde das Indikationsspektrum der neu entwickelten Chinolone 
                  weit verbreitert und betrifft heute fast alle Kompartimente 
                  des Körpers. Das Wissen über den Zusammenhang zwischen 
                  Struktur und Aktivität führte zu enormen Anstrengungen, 
                  neue Substanzen mit einem breiteren Spektrum, höherer intrinsischer 
                  Aktivität und einem verbesserten pharmakokinetischen Profil 
                  zu synthetisieren. Es wird geschätzt, dass bisher etwa 
                  10.000 Neumoleküle dieser Substanzgruppe generiert wurden. 
                  Diese Anstrengungen wurden aber durch das Auftreten von Resistenzen 
                  und für einige dieser Moleküle unakzeptablen Nebenwirkungen 
                  beeinträchtigt.  |    
             
              | Chinolone 
                – Struktur und Wirkweise Die 
                  derzeit verwendeten Chinolone weisen alle die typische Grundstruktur 
                  mit einer Ringkette, dem N-Molekül in Position 1, der Carboxylgruppe 
                  in Position 3 und einer Carbonylgruppe in Position 4 auf. Der 
                  F-Rest in Position 6 trägt wesentlich zur Wirkungsverstärkung 
                  der Fluorchinolone bei. Die chemischen Eigenschaften der Seitenkette 
                  der unterschiedlichen Substanzen entscheiden über das pharmakologische 
                  Profil wie aber auch die Toxizität (Abbildung 1).
                 Abbildung 
                  1: Struktur-Wirkungs-Beziehungen bei Levofloxacin
                  
 1962 
                  als Nebenprodukt der Anti-Malaria-Forschung entdeckt, ist die 
                  Nalidixinsäure die Muttersubstanz der Chinolone. Die Verwendung 
                  der Nalidixinsäure war aufgrund des schmalen Spektrums, 
                  der geringen Serumspiegel und der Toxizität ziemlich begrenzt. 
                  Es begann nun eine intensive Suche nach der Struktur-Aktivitäts-Relation 
                  mit dem Ziel, die Aktivität des Antiinfektivums zu erhöhen. 
                  Viele Chinolonmoleküle wurden patentiert, aber nur einige 
                  wenige erreichten die Marktreife. Die derzeit erhältlichen 
                  Chinolone werden in 4 Gruppen, hauptsächlich auf Basis 
                  ihrer Wirkung, eingeteilt (Tabelle 1). 
                 Tabelle 
                  1: Einteilung der Chinolone
                 
 |    
             
              | Wirkweise 
                von Chinolonen  
                  Fluorochinolone wirken über eine Blockierung der bakteriellen 
                  DNA-Synthese durch Hemmung der Enzyme DNA-Gyrase und Topoisomerase 
                  4 – beide Enzyme sind für das Bakterienwachstum essenziell. 
                  Bei Gram-negativen Bakterien ist das bevorzugte Ziel der Chinolonwirkung 
                  die DNA-Gyrase, bei Gram-positiven Erregern die Topoisomerase 
                  4. Neben der Art des Erregers spielt aber auch die Art des Chinolons 
                  eine Rolle für die bevorzugte Zielstruktur: Ciprofloxacin 
                  wirkt bevorzugt an der Topoisomerase, Moxifloxacin an der DNA-Gyrase. 
                  
 |    
             
              | Chinolone 
                – Wirkspektrum Die 
                  Chinolone zeichnen sich durch ein breites antibakterielles Wirkspektrum 
                  aus (Tabelle 2). 
                 Entsprechend 
                  ihres Wirkspektrums werden die Fluorchinolone in 4 Gruppen eingeteilt 
                  (siehe Tabelle 1).
                 Tabelle 
                  2: Chinolon-Wirkspektrum im Vergleich
                  
 Chinolone 
                  der Gruppe 1:
                 NorfloxacinDas Wirkspektrum von Norfloxacin umfasst im Wesentlichen die 
                  Enterobacteriaceae. Gegen Gram-positive und „atypische“ 
                  Erreger ist es unwirksam.
 Fluorchinolone 
                  der Gruppe 2:
                  
                  CiprofloxacinCiprofloxacin hat eine sehr gute Wirksamkeit gegen Enterobakterien 
                  und Haemophilus influenzae und eine schwache Wirkung 
                  auf Staphylokokken und Pneumokokken sowie auf die Chlamydien, 
                  Legionella und Mykoplasmen. Die Aktivität gegen Pseudomonas 
                  aeruginosa ist gut. Zugelassene Indikationen sind unkomplizierte 
                  und komplizierte Infektionen durch nachgewiesene oder vermutete 
                  empfindliche Erreger der Niere und/oder ableitenden Harnwege, 
                  des HNO-Bereichs, der Atemwege (nicht bei Pneumokokken), des 
                  Bauchraums, der Genitalorgane, der Knochengelenke, der Haut- 
                  und Weichteile und der Sepsis, sowie bei Infektionen oder zur 
                  Prophylaxe der neutropenischen Patienten, zur peroralen Therapie 
                  von neutropenischem Fieber bei Patienten der Risikogruppe 1 
                  (in Kombination mit Amoxicillin), zur selektiven Darmdekontamination 
                  bei immunsuppressiv behandelten Patienten und bei akuten Infektionsschüben 
                  zystischer Fibrose bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 
                  5 bis 17 Jahren.
 Fluorchinolone 
                  der Gruppe 3:
                 LevofloxacinLevofloxacin hat eine im Vergleich zu Ciprofloxacin verbesserte 
                  intrinsische Aktivität gegen Gram-positive Erreger, wie 
                  Staphylokokken, Streptokokken und Pneumokokken, sowie die atypischen 
                  Erreger Legionellen, Chlamydien und Mykoplasmen. Die Aktivität 
                  gegen Gram-negative Erreger ist vergleichbar, allerdings gegen 
                  Pseudomonas aeruginosa etwas schwächer. Levofloxacin 
                  ist das linksdrehende Enantiomer und damit der wirksame Anteil 
                  des Racemats Ofloxacin. Zugelassene Indikationen für das 
                  Levofloxacin sind ambulant erworbene Pneumonie, komplizierte 
                  Harnwegsinfektionen, Haut- und Weichteilinfektionen. Weiters 
                  konnte Levofloxacin auch erfolgreich bei der empirischen Behandlung 
                  des neutropenischen Patienten mit Low-risk eingesetzt werden. 
                  Derzeit läuft die Studie zur Verwendung von Levofloxacin 
                  bei der Hospital-acquired-Pneumonia. Levofloxacin ist oral und 
                  parenteral verfügbar.
 Fluorchinolone 
                  der Gruppe 4:
                 MoxifloxacinMoxifloxacin hat ein sehr breites Wirkspektrum gegen zahlreiche 
                  aerobe und anaerobe Gram-negative und Gram-positive Erreger, 
                  einschließlich der atypischen Erreger. Im Vergleich zu 
                  Levofloxacin besitzt es eine verbesserte Aktivität gegen 
                  Gram-positive Erreger wie Staphylokokken und Streptokokken, 
                  einschließlich der Pneumokokken, gegen Anaerobier. Gegenüber 
                  Pseudomonaden besitzt es keine ausreichende Aktivität. 
                  In Alveolarmakrophagen werden überlange Zeit hohe Konzentrationen 
                  erreicht. Moxifloxacin ist oral und parenteral verfügbar. 
                  Als Einsatzgebiet sind ambulant erworbene Pneumonien aller Schweregrade 
                  zugelassen und auch der diabetische Fuß bzw.die schwere 
                  Weichteilinfektion.
 |    
             
              | Chinolone 
                – Resistenzmechanismen Bakterien 
                  können auf zwei prinzipielle Arten gegen Chinolone resistent 
                  werden: Reduktion der intrazellulären Wirkstoffkonzentration 
                  oder Modifikation des Wirkortes. 
                 Die 
                  typische Chinolonresistenz entsteht schrittweise durch Mutation 
                  der Gene, die die DNA-Gyrase und Topoisomerase 4 
                  codieren. Durch eine erste Mutation entsteht eine Low-Level-Resistenz, 
                  die im Routineantibiogramm nicht zu erkennen ist; gefolgt von 
                  einer zweiten Mutation, die dann die phänotypische Resistenz 
                  erzeugt. Diese Form der Resistenz ist chromosomal und daher 
                  nicht übertragbar, findet sich aber durch klonale Ausbreitung 
                  mit zunehmender Häufigkeit. Ein weiterer wichtiger Resistenzmechanismus 
                  ist die intrinsische Low-Level-Resistenz durch verminderte 
                  Membranpermeabilität. Durch Herabregulation von 
                  Porinen verschlechtert sich die Diffusion von Chinolonen durch 
                  die Membran.
                  
                  Die Abregulation der intrinsischen MDR-Effluxpumpen 
                  erniedrigt die intrazellulären Konzentrationen von Chinolonen 
                  und anderen Antibiotika und verursacht ebenfalls eine Low-Level-Resistenz 
                  – damit scheinen die Erreger vor niedrigen Chinolonspiegeln 
                  geschützt zu sein. Suboptimale Wirkspiegel gelten daher 
                  auch als wesentlicher Risikofaktor für Resistenzinduktion. 
                  Durch weitere Mutationsschritte entsteht dann das Vollbild der 
                  resistenten Erreger. Da diese Effluxpumpen eine Reihe von Substanzen 
                  aus der Zelle entfernen, werden dadurch auch Co-Resistenzen 
                  gegen andere antiinfektive Wirkstoffgruppen begünstigt.
                  
                  Quantitativ betrachtet haben Topoisomerasen-Mutationen und Efflux 
                  die größten Auswirkungen auf die MHK.  |    
             
              | Pharmakokinetik 
                und Pharmakodynamik der Chinolone Alle 
                  Fluorchinolone verteilen sich extra- und intrazellulär, 
                  deshalb haben sie im Vergleich zu den Betalaktamen ein hohes 
                  relatives Verteilungsvolumen (1-4 l/kg) und zeigen eine sehr 
                  gute Gewebegängigkeit. Die Proteinbindung der verfügbaren 
                  parenteralen Vertreter liegt in der Regel unter 40%. Levofloxacin 
                  wird ausschließlich renal eliminiert, Ciprofloxacin wird 
                  neben der renalen Ausscheidung auch hepatisch und intestinal 
                  ausgeschieden. Moxifloxacin wird praktisch ausschließlich 
                  durch Konjugationsreaktion eliminiert (Tabelle 3).
                  
                  Die meisten Chinolone haben eine exzellente Bioverfügbarkeit, 
                  die sie ideal für die Behandlung ambulanter Patienten und 
                  für die antimikrobielle Switch-Therapie von intravenös 
                  auf per oral machen. Sie sind auch charakterisiert durch eine 
                  exzellente Penetration in die meisten Gewebe und Körperflüssigkeiten 
                  (Tabelle 4).
                 Frühe 
                  Studien zeigten, dass Chinolone, ähnlich wie die Aminoglykoside, 
                  hauptsächlich konzentrationsabhängig wirken und einen 
                  doch beträchtlichen postantibiotischen Effekt aufweisen. 
                  Untersuchungen zeigen, dass eine Cmax/MHK-Rate 
                  von größer 10 erreicht werden sollte. Wichtiger scheint 
                  allerdings die Substanzmenge im Verhältnis zur MHK zu sein 
                  (AUC 24/MHK). Die Chinolone waren die erste antiinfektive Substanzgruppe, 
                  bei der diese pharmakodynamische Kalkulation zur Dosisfindung 
                  für die Praxis eingesetzt wurde. 
                 Tabelle 
                  3: Pharmakokinetik einzelner Fluorchinolone
                  
 Tabelle 
                  4: Gewebe mit hohem Chinolonspiegel
                 
 |    
             
              | PK/PD-Werte 
                – Prädiktoren für den Therapieerfolg? Die 
                  Korrelation zwischen Pharmakokinetik und Pharmakodynamik (Empfindlichkeit 
                  des Erregers gegenüber dem Antibiotikum) kann zur Vorhersage 
                  des voraussichtlichen Therapieerfolgs herangezogen werden. PK/PD-Werte 
                  geben außerdem Hinweise zur Prävention von Mutation 
                  und Resistenzen und können zur Optimierung der Dosierung 
                  beitragen. In der Praxis haben sich vor allem folgende 3 PK/PD-Indizes 
                  bewährt (Abbildung 2). 
                 Abbildung 
                  2: Pharmakokinetische Indizes
                  
 Zeit 
                  oberhalb der MHK (bei zeitabhängig wirkenden Antibiotika): 
                  die Zeitspanne (t in % des Dosierungsintervalles), in der die 
                  Konzentration des Antibiotikums über der minimalen Hemmkonzentration 
                  (MHK) des ursächlichen Erregers liegt. 
                 Cmax/MHK 
                  (bei konzentrationsabhängig wirkenden Antibiotika): das 
                  Verhältnis der Antibiotikum-Spitzenkonzentration zur MHK 
                  des Erregers.
                  
                  AUC/MHK (=AUIC) (bei konzentrationsabhängig 
                  wirkenden Antibiotika): das Verhältnis aus der Fläche 
                  unter der 24-Stunden-Konzentrationszeitkurve (AUC 24) des Antibiotikums 
                  und der MHK des ursächlichen Erregers.
                 Zeitabhängig 
                  wirken z. B. Betalaktame und Makrolide. Dagegen ist für 
                  Aminoglykoside und Fluorchinolone die Konzentration des Antibiotikums 
                  entscheidend. Als bester Prädiktor für einen Therapieerfolg 
                  in vivo gilt bei Fluorchinolonen das Verhältnis 
                  von AUC und MHK (AUIC). Ausreichend hohe AUIC-Werte verringern 
                  zugleich das Risiko, dass unter Therapie resistente Mutanten 
                  selektioniert werden. Allerdings gilt auch für die Korrelation 
                  zwischen AUIC und Resistenzentwicklung, dass die Grenzwerte 
                  nicht verallgemeinert werden können, sondern für einzelne 
                  Erreger unterschiedlich sind. 
                 Generell 
                  hat sich die Tagesdosis der Fluorchinolone in den letzten Jahren 
                  deutlich erhöht. Wurde Ofloxacin noch mit 2x50 mg/Tag verabreicht, 
                  so liegt heute die Tagesdosis von Levofloxacin (antimikrobiell 
                  aktiver Teil von Ofloxacin) bei 1-2x500 mg (würde in etwa 
                  1.000-2.000 mg Ofloxacin entsprechen) (Tabelle 5). Einschränkend 
                  muss man aber sagen, dass viele dieser pharmakokinetischen Überlegungen 
                  im Wesentlichen auf mathematischen Modellrechnungen beruhen 
                  und die experimentellen Daten bisher meist nicht klinisch belegt 
                  wurden. 
                 Tabelle 
                  5: Tagesdosierungen für Chinolone 
                  
 |    
             
              | Nebenwirkungen 
                und Arzneimittelinteraktionen von Fluorchinolonen Die 
                  Verwendung von Chinolonen wird durch eine Reihe von unerwünschten 
                  Nebenwirkungen (4-10%) limitiert, die zumeist mild sind, manche 
                  können aber auch sehr schwer verlaufen und haben die Rücknahme 
                  einzelner Präparate vom Markt hervorgerufen. Es gibt Effekte, 
                  die alle Moleküle dieser Klasse betreffen, wenn auch mit 
                  unterschiedlicher Frequenz, z. B. gastrointestinale Nebenwirkungen 
                  oder Arthralgien. Eine Reihe von Chinolonen, unter anderem Temafloxacin, 
                  Grepafloxacin, Sparfloxacin und Trovafloxacin mussten wegen 
                  zwar seltenen, aber unakzeptablen Nebenwirkungen vom Markt genommen 
                  werden (Tabelle 6). 
                 Zu 
                  den folgenschwersten Komplikationen mancher Fluorchinolone gehören 
                  sicher die Verlängerungen der QT-Dauer und konsekutiver 
                  Arrhythmien und Todesfälle. So darf Moxifloxacin laut Produktmonografie 
                  nicht mehr bei kongenitalem oder bei bekanntem Long-QT-Syndrom, 
                  Elektrolytstörung, insbesondere Hypokaliämie, klinisch 
                  relevanter Bradykardie, klinisch relevanter Herzinsuffizienz 
                  mit reduzierter Linksventrikelfunktion oder anamnestischen Arrhythmien 
                  verabreicht werden. Auch für Gatifloxacin gibt es Berichte 
                  über Todesfälle und Grepafloxacin wurde wegen vermehrter 
                  Arrhythmien vom Markt genommen. 
                 Tabelle 
                  6: Nebenwirkungen von Chinolonen
                  
 Tabelle 
                  6 Fortsetzung: Nebenwirkungen von Chinolonen
                 
 |    
             
              | Kontraindikationen 
                für Chinolone In 
                  folgenden Situationen ist eine Fluorchinolongabe kontraindiziert 
                  oder nur unter strenger Nutzen-Risiko-Abwägung möglich: 
                  Überempfindlichkeit 
                  gegen Chinolone
Schwangerschaft und Stillperiode 
                Kinder und Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr
                verlängerte QT-Dauer bei manchen Chinolonen
                Patient mit zerebralen Anfallsleiden 
                anamnestische Chinolon-Tendinitis
                 Glukose-6-Phosphatdehydrogenase-Mangel bei manchen Chinolonen 
                
                
 Alle Chinolone sind wegen 
                  der an jungen Hunden beobachteten Arthropathien in der Schwangerschaft 
                  und Stillperiode kontraindiziert. Für die Schwangerschaft 
                  gilt die FDI-Kategorie C, d. h., dass eine Gabe nur bei fehlender 
                  Alternative und unter Risikoabwägung erlaubt ist. Studien 
                  an Neugeborenen, deren Mütter während der Schwangerschaft 
                  unwissentlich mit Chinolonen therapiert wurden, ergaben bisher 
                  keinen Hinweis auf Teratogenität bei Menschen. Ist die 
                  Gabe bei Stillenden notwendig, ist das Abstillen zu empfehlen. 
                   |    
             
              | Chinolone 
                in der Pädiatrie Chinolone 
                gelten bei Kindern und Jugendlichen vor dem 18. Lebensjahr wegen 
                der bereits erwähnten Knorpelschäden bei jungen Hunden 
                als kontraindiziert. Im Gegensatz zu diesen tierexperimentellen 
                Ergebnissen wurden bislang bleibende Knorpel- oder Gelenksschäden 
                im klinischen Einsatz in der Pädiatrie nicht beobachtet. 
                Die in Entwicklung befindlichen Desfluorchinolone dürften 
                frei sein von möglicher Knorpeltoxizität. 
                 Obwohl es anzunehmen ist, dass in den nächsten 
                  Jahren auch in der Behandlung von Infektionen bei Kindern Chinolone 
                  in einzelnen Indikationen zugelassen werden, muss heute noch 
                  bei Patienten unter 18 Jahren der potenzielle Nutzen gegenüber 
                  den möglichen Risiken abgewogen werden. 
                  Die Verwendung von Fluorchinolonen kann unter 
                  folgenden Umständen in Erwägung gezogen werden: 
                 1. Infektion mit MDR-Pathogen, bei dem es keine 
                  sichere oder effektive Alternative gibt. 2. Parenterale Therapie ist nicht möglich und keine andere 
                  orale Therapie ist verfügbar.
  Die Aufklärung sollte wie unter den Bedingungen 
                  der klinischen Prüfung geschehen, das heißt, es muss 
                  eine schriftliche Einverständniserklärung der Eltern 
                  und in der Regel ab dem 14.Lj. auch des Patienten eingeholt 
                  werden. Ciprofloxacin sollte bevorzugt werden, da es am besten 
                  dokumentiert ist und eine Saftzubereitung zur Verfügung 
                  steht. Die Applikation sollte auf folgende spezielle Indikationen 
                  limitiert sein: 
                Harnwegsinfekte durch Pseudomonas aeruginosa oder 
                  andere multiresistente, Gram-negative Erreger (z. B. Enterobacter 
                  spp.) 
                Chronische suppurative Otitis media oder maligne Otitis externa 
                Chronische Osteomyelitis 
                Exazerbation einer zystischen Fibrose 
                Enterobakter-Meningitis, Gram-negative Meningitis beim Neugeborenen
                Langzeittherapie bei Infektionen durch Gram-negative Erreger 
                  ohne therapeutische Alternative
                Schwere Salmonellen-, Shigellenenteritis
                Prophylaxe systemischer Meningokokken-Infektionen
                Postexpositionelle Prophylaxe bei Bacillus anthracis |    
             
              | Immunmodulatorische 
                Effekte der Fluorchinolone Untersuchungen 
                  der letzten Jahre zeigten, das Fluorchinolone sowohl auf die 
                  zelluläre als auch die humorale Immunität wirken. 
                  Generell benötigen sie für diese immunmodulatorischen 
                  Effekte aber ein Co-Stimulans. Sie verursachen einerseits eine 
                  Downregulation von proinflammatorischen Zytokinen, andererseits 
                  eine Upregulation der Hämatopoese. Diese immunmodulatorischen 
                  Effekte findet man vor allem bei Fluorchinolonen mit einem Cyclopropylanteil 
                  am N1., also Ciprofloxacin oder Moxifloxacin. Die klinische 
                  Auswirkung dieser Immunmodulation ist allerdings nicht klar. 
                   |    
             
              | Mögliche 
                Indikationen von neuen Fluorchinolonen Aufgrund 
                  ihres breiten Wirkspektrums und der doch guten Verträglichkeit 
                  werden Chinolone häufig im klinischen Alltag verwendet 
                  (Tabelle 7).
                 Allerdings 
                  werden Chinolone leider oft unkritisch eingesetzt. In der folgenden 
                  Tabelle sollen nun Pro und Kontra für den klinischen Einsatz 
                  von Chinolonen diskutiert werden (Tabelle 8).
                 In 
                  der oralen Infekttherapie spricht die im Vergleich zu den Betalaktamen 
                  sehr gute Bioverfügbarkeit oft für den Einsatz von 
                  Fluorchinolonen (Tabelle 9).
                  
                  Gerade im ambulanten Bereich haben sich durch den manchmal zu 
                  unkritischen Einsatz der Chinolone in den letzten Jahren Resistenzprobleme 
                  ergeben (z. B. Chinolon-resistenter E. coli). 
                 In 
                  der Behandlung schwerer nosokomialer Infekte (Sepsis, Beatmungspneumonie) 
                  werden heute allgemein Chinolon-Betalaktam-Kombinationen empfohlen. 
                  Auch wenn die Evidenz dafür mittels randomisierter Studien 
                  nicht gesichert ist, spricht der Umstand, dass lebensbedrohliche 
                  Infekte rascher und kompetent therapiert werden müssen, 
                  um die Infektsterblichkeit zu senken, doch für eine Kombinationstherapie. 
                  Selbst bei kritisch Kranken ist die gute orale Resorption beispielsweise 
                  von Levofloxacin belegt. In einer pharmakologischen Studie konnte 
                  bei 10 Patienten an einer Intensivstation problemlos eine IV 
                  per oral switch durchgeführt werden und die errechnete 
                  Bioverfügbarkeit betrug 95%. Voraussetzung dafür ist 
                  natürlich das Fehlen gastrointestinaler Störungen. 
                  
                 Tabelle 
                  7: Mögliche Indikationen für neue Chinolone 
                  (Levofloxacin, Moxifloxacin) (mod. nach den Empfehlungen der 
                  Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie)
                  
 Tabelle 
                  8: Klinische Verwendung von Fluorochinolonen: Pro und 
                  Kontra
                  
 Tabelle 
                  9: Vergleich der % oralen Resorption unter optimalen 
                  Bedingungen 
                 
 |    
             
              | Zusammenfassung Mitte 
                  der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts wurden die Fluorchinolone 
                  mit Fanfaren als Antwort auf zunehmende Infektionen mit Gram-negativen 
                  Bakterien begrüßt.Durch Molekülmodifikationen versuchte man die Wirksamkeit 
                  dieser Substanzgruppe zu optimieren, oftmals leider auf Kosten 
                  der Verträglichkeit. So erreichten zahlreiche Chinolone 
                  nicht die Marktreife und einige mussten nach der Zulassung aufgrund 
                  schwerwiegender Nebenwirkungen wieder zurückgenommen werden. 
                  Bei den derzeit in Österreich verfügbaren Substanzen 
                  handelt es sich um sehr effektive Antiinfektiva mit breitem 
                  Wirkspektrum. Die inadäquate und zahlreiche Anwendung hat 
                  in den letzten Jahren allerdings zunehmende Resistenzraten auch 
                  bei früher hoch sensiblen Keimen wie E. coli hervorgerufen. 
                  Bei 
                  Fortbestehen dieses Trends könnte die klinische Wertigkeit 
                  dieser heute sehr potenten Substanzen bald deutlich eingeschränkt 
                  sein.
  
                  Es liegt am gezielten Einsatz der Chinolone – nicht zuletzt 
                  im niedergelassenem Bereich – die Resistenzrate möglichst 
                  niedrig zu halten. 
                 |    
             
              | Literatur 
                 
                   
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                 Anschrift 
                  des Verfassers:a. Univ.-Prof. Dr. Heinz Burgmann
 Univ.-Klinik für Innere Medizin I, Klin. Abt.für Infektionen 
                  und Tropenmedizin
 A-1090 Wien, Währinger Gürtel 18-20
 E-Mail:heinz.burgmann@meduniwien.ac.at
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