Antimikrobielles Wirkprofil der beiden neuen
polymerischen Guanidine Akacid und Akacid plus

C. Kratzer, A. Buxbaum, S. Tobudic, W. Graninger, A. Georgopoulos*
Univ.-Klinik für Innere Medizin I, Klin. Abt. für Infektionen und Chemotherapie, Medizinische Universität Wien
* Korrespondierender Autor: Univ.-Prof. DDr. A. Georgopoulos

Ausdruck im pdf-Format (4,36 MB)


Schlüsselwörter
Biozid, Akacid, Akacid plus, MHK, Bakterizidie, Resistenzinduktion, Toxizität


Zusammenfassung

In der vorliegenden Studie wurde die In vitro-Wirksamkeit der beiden neuartigen polymerischen Guanidine, Akacid und sein Nachfolger Akacid plus, im Vergleich zu Chlorhexidindiglukonat gegenüber 369 klinischen Isolaten von Patienten mit dokumentierten Infektionen in österreichischen Spitälern, deren akute Toxizität und die Fähigkeit der Resistenzinduktion von Akacid evaluiert. Die untersuchten Bakterien- und Pilzstämme waren: Staphylococcus aureus (98), Staphylococcus epidermidis (9), Enterococcus faecalis (32), Klebsiella spp. (45), Enterobacter spp. (20), Escherichia coli (65), Salmonella spp. (6), Shigella spp. (2), Yersinia enterocolitica (1), Acinetobacter spp. (4), Proteus spp.(7), Pseudomonas aeruginosa (59), Stenotrophomonas maltophilia (4), Candida spp. (10) und Aspergillus spp. (7). Die Empfindlichkeit der Testsubstanzen wurde auch gegenüber Sporen von Bacillus subtilis und Bacillus anthracis untersucht. Für die Bestimmung der minimalen Hemmkonzentration (MHK) wurde die Mikrodilutionsmethode nach CLSI (Clinical and Laboratory Standards Institute) verwendet. Zusätzlich wurde die bakterizide Wirksamkeit von Akacid plus nach einer Expositionszeit von 5 Minuten im Quantitativen Suspensionstest Europäischer Standard EN 1040 gegenüber den Qualitätskontrollstämmen von S. aureus, Enterococcus hirae, E. coli und P. aeruginosa untersucht. In vitro-Resistenzselektion gegenüber Akacid wurde an 24 verschiedenen Bakterienstämmen durchgeführt. Alle drei Testsubstanzen zeigten höchste antimikrobielle Wirksamkeit gegenüber Staphylococcus und Bacillus spp. Höhere MHK-Werte wurden gegenüber Enterokokken, Gram-negativen Bakterien und Pilzen gefunden. MHK50 und MHK90 von Chlorhexidin zeigten einen 4-8-fachen Anstieg für die Methicillin-resistenten S. aureus im Vergleich zu den Methicillin-empfindlichen Stämmen, wohingegen kein Unterschied in den MHK-Werten für Akacid und Akacid plus gegenüber Antibiotikaempfindlichen und multiresistenten Stämmen gefunden wurde. Bakterizide Wirkung von Akacid plus wurde gegenüber allen getesteten Bakterienspezies bei einer Konzentration 0,1% beobachtet. Im In vitro--Resistenzselektionstest konnte kein Anstieg der MHK-Werte für Akacid in den getesteten Isolaten nach 30 Passagen nachgewiesen werden. Darüber hinaus zeigten Akacid und Akacid plus niedrige akute orale und dermale Toxizität. Aufgrund ihrer breiten antimikrobiellen Eigenschaften und ihres niedrigen Toxizitätsprofils könnten die polymerischen Guanidine Akacid und Akacid plus zukünftig wertvolle Substanzen für die Prophylaxe und Therapie von bakteriellen Infektionen und Pilzinfektionen darstellen.


Key-words
Biocide, Akacid, Akacid plus, MIC, bactericidal activity, induction of resistance, toxicity


Summary

This paper evaluates the in vitro activity of the novel polymeric guanidines, Akacid and its successor Akacid plus, compared to the bisbiguanidechlorhexidine digluconate against a total of 369 clinical isolates from patients with documented infections in hospitals located in Austria, their acute toxicity and the potential for induction of resistance of Akacid. The tested bacterial and fungal strains were: Staphylococcus aureus (98), Staphylococcus epidermidis (9), Enterococcus faecalis (32), Klebsiella spp. (45), Enterobacter spp. (20), Escherichia coli (65), Salmonella spp. (6), Shigella spp. (2), Yersinia enterocolitica (1), Acinetobacter spp. (4), Proteus spp. (7), Pseudomonas aeruginosa (59), Stenotrophomonas maltophilia (4), Candida spp. (10) and Aspergillus spp. (7). The susceptibility of the active substances was also investigated against spores of Bacillus subtilis and Bacillus anthracis. Determination of minimal inhibitory concentrations (MICs) was performed using the microdilution method according to the CLSI criteria (Clinical and Laboratory Standards Institute). Additionally, the bactericidal activity of Akacid plus was investigated after exposure for 5 minutes against quality control strains of S. aureus, Enterococcus hirae, E. coli and P. aeruginosa using the quantitative suspension test European Standard EN 1040. In vitro selection of resistance to Akacid was carried out on 24 different bacterial strains. All three active substances were most effective against Staphylococcus spp. and Bacillus spp. Higher MIC values were detected against E. faecalis, gram-negative bacteria and fungi. MIC50 and MIC90 of chlorhexidine showed a 4- to 8-fold increase for methicillin-resistant S.aureus in comparison to methicillin-sensitive strains, while MIC values for Akacid and Akacid plus were similar for both antibiotic-sensitive and multi-resistant strains. Bactericidal action of Akacid plus was observed against all tested bacterial species at concentrations of 0.1%. In the in vitro selection of resistance test no increase in MIC values of Akacid in any isolate after 30 passages was detected. Also, Akacid and Akacid plus showed low acute oral and dermal toxicity. Due to their broad antimicrobial properties and low toxicity profile, the polymeric guanidines Akacid and Akacid plus could represent valuable substances for the prophylaxis and treatment of bacterial and fungal infections in the future.



Einleitung

Die polymerischen Guanidine Akacid und sein Nachfolger Akacid plus sind neue Mitglieder der kationischen Familie antimikrobiell wirksamer Substanzen. Sie wurden von der österreichischen Firma POC mit Hauptsitz in Wien entwickelt und sind in der Europäischen Union registriert.

Die Gruppe der kationischen Antiseptika umfasst chemisch sehr unterschiedliche Substanzen, die aber als gemeinsames Charakteristikum stark basische Gruppen, gebunden an ein ziemlich massives lipophiles Molekül, besitzen. Die wichtigsten Vertreter sind unter den Quarternären Ammoniumverbindungen Benzalkoniumchlorid und Cetrimid, unter den Bisbiguaniden Chlorhexidin und Alexidin und unter den polymerischen Biguaniden Polyhexamethylen-Biguanid (PHMB). Die kationisch antimikrobiell wirksamen Substanzen werden seit einem Jahrhundert zur Antisepsis und Desinfektion innerhalb und außerhalb von klinischen Einrichtungen eingesetzt [1-4]. Crawford et al. berechneten jährliche Nettogewinne von durchschnittlich 275 Millionen bis 1,97 Billonen US Dollar durch die Verwendung von Chlorhexidindigluconat im Verbandsmaterial zur Prävention von Katheter-assoziierten Infektionen [5]. Aufgrund ihrer eigenen positiv geladenen Moleküle haben die kationisch antimikrobiell wirksamen Substanzen eine hohe Bindungsaffinität an die negativ geladenen Zellwände und Membranen von Bakterien. Durch Störung dieser Angriffspunkte kommt es zunächst zur Herabsetzung der Membranfluidität und zu einer Störung der osmoregulatorischen und physiologischen Zellfunktionen. In weiterer Folge entstehen hydrophile Poren in der Phospholipidmembran, und die Proteinfunktion wird gestört. Das Endresultat ist eine Lyse der Zielzelle [6]. Dieser Membran-schädigende Wirkmechanismus konnte auch für die polymerischen Guanidine gegenüber Escherichia coli demonstriert werden [7].

Akacid, Poly-[2-(2-ethoxy)-ethoxyethyl-guanidinium-chloride], und sein Nachfolger Akacid plus, eine 3:1-Mischung aus Poly-(hexamethylen-guanidinium-chloride) und Poly-[2-(2-ethoxy)-ethoxyethyl)-guanidinium-chloride], zeigen hohe Wasserlöslichkeit. Die beiden Substanzen wurden speziell entwickelt, um die antimikrobielle Wirksamkeit dieser Klasse zu verbessern und mit signifikant geringer Toxizität zu kombinieren.

Ziel dieser Studie war es, die In vitro-Aktivität von Akacid und Akacid plus im Vergleich zu dem weit verbreiteten Chlorhexidin gegenüber 369 verschiedenen klinischen Isolaten von Patienten mit dokumentierten Infektionen in österreichischen Spitälern, deren Toxizität und die Fähigkeit der Resistenzinduktion von Akacid zu evaluieren. Zusätzlich wurde die bakterizide Wirksamkeit von Akacid plus nach einer Expositionszeit von fünf Minuten im Quantitativen Suspensionstest gegenüber den Qualitätskontrollstämmen von S. aureus, Enterococcus hirae, E. coli und P. aeruginosa untersucht.

 

Material und Methoden

Stocklösungen von Akacid und Akacid plus (POC, Austria) als 25%ige wässrige Lösungen und Chlorhexidindiglukonat (Sigma, Germany) als 20%ige Lösung wurden in destilliertem Wasser, Müller-Hinton-Bouillon bzw. RPMI 1640-Medium zu den gewünschten Konzentrationen verdünnt. Es wurden 369 klinische Isolate von Patienten mit dokumentierten Infektionen in österreichischen Spitälern getestet. Die Verteilung der Spezies und die Anzahl der Stämme war wie folgt: Methicillin-empfindliche S. aureus (MSSA) (36 Stämme), Methicillin-resistente S. aureus (MRSA) (62 Stämme), Methicillin-resistente S. epidermidis (MRSE) (9 Stämme); Vancomycin-empfindliche Enterococcus faecalis (27 Stämme); Vancomycin-resistente E. faecalis (VRE) (5 Stämme); Klebsiella spp. (45 Stämme); Escherichia coli (65 Stämme), Salmonella spp. (6 Stämme), Shigella spp. (2 Stämme); Yersinia enterocolitica (1 Stamm); Acinetobacter spp. (4 Stämme); Proteus spp. (7 Stämme); Pseudomonas aeruginosa (59 Stämme); Stenotrophomonas maltophilia (4 Stämme); Candida spp. (10 Stämme); Aspergillus spp. (7 Stämme). Zusätzlich wurden auch Bacillus subtilis (Sporensuspension für den Hemmstofftest, Merck) und Bacillus anthracis CH10 (Anthrax Sporen Merck reg.no. G112/WET/ACT 36/47) getestet.

Für die Bestimmung der minimalen Hemmkonzentration (MHK) gegenüber Bakterien, Spross- und Schimmelpilzen wurden die Mikrodilutionsmethoden nach CLSI (Clinicaland Laboratory Standards Institute, früher NCCLS) verwendet [8, 9, 10]. Die Testmedien waren Kationen-angereicherte Müller-Hinton-Bouillon für Bakterien und 3-(N-Morpholino) Propansulfonsäure-gepuffertes 2-fachkonzentriertes RPMI 1640-Medium mit Glutamin und 2% Glukose für Pilze. Es wurde ein Testinokulum von 5x10 Kolonie-bildenden Einheiten (KBE)/ml für Bakterien, ein Inokulum von 0,5 - 2,5 x 10 Blastosporen/ml für Sprosspilze und ein Inokulum von 1 - 5 x 10 Konidien/ml für Schimmelpilze verwendet. Mikrodilutionsplatten wurden bei 35°C für 24 Stunden (für Bakterien) bzw. für 48 Stunden (für Pilze) inkubiert. Die niedrigste Biozidkonzentration, bei der kein mikrobielles Wachstum sichtbar war, wurde als MHK definiert.

Killing-Kurven von Akacid für S.aureus ATCC 29213 und E. coli ATCC 35218 (Inokulum 10 KBE/ml) wurden erstellt. Konzentrationen von 0,5x, 1x, 2x und 4x MHK wurden im Vergleich einer Biozid-freien Kontrolle getestet und die Lebendkeimzahl wurde zum Zeitpunkt 0, nach 5 min, 30 min, 2 h, 6 h und 24 h ermittelt. Drei unabhängige Experimente wurden pro Stamm durchgeführt.

Die bakterizide Wirksamkeit von 0,01, 0,1, 0,25 und 0,5% Akacid plus wurde im Quantitativen Suspensionstest Europäischer Standard EN 1040 [11] gegenüber S. aureus ATCC 6538, E. hirae ATCC 10541, E. coli ATCC 10536 und P. aeruginosa ATCC 15442 bestimmt. Zu 1 ml destilliertem Wasser und 1 ml Keimsuspension (1,5 - 5 x 10 KBE/ml) wurden 8 ml Testsubstanz hinzugefügt. Nach einer Einwirkzeit von 5 Minuten bei 20°C wurde 1 ml Testlösung zu 8 ml Neutralisierungslösung (Natriumtryptonlösung ergänzt mit 3% Saponin, 3% Polysorbat 80, 0,1% Histidin und 0,1% Cystein) und 1 ml destilliertem Wasser übertragen. Nach weiteren 5 Minuten wurde 1 ml der neutralisierten Mischung in leere Petrischalen pipettiert und von 15 ml geschmolzenen Tryptone-Soja-Agar (TSA), ergänzt mit Neutralizern, wie beschrieben bei Kampf et al. [12], bedeckt. Die TSA-Platten wurden für 48 Stunden bei 37°C inkubiert. Eine Reduktion der Lebendkeimzahl >10 KBE/ml wurde als bakterizide Wirksamkeit bezeichnet.

In vitro-Resistenzselektion von Akacid wurde für 24 Stämme durchgeführt: MSSA (1 Stamm), MRSA (2 Stämme), MRSE (4 Stämme), VRE (5 Stämme), Klebsiella spp. (2 Stämme), E. coli (3 empfindliche und 2 ESBL-positive Stämme), P. aeruginosa (2 empfindliche und 2 ESBL-positive Stämme) und Acinetobacter (2 Stämme). Die In vitro-Resistenzselektionsmethode nach Markopoulos et al. [13] wurde für die Experimente verwendet. 30 Passagen von jedem Testisolat wurden 2-mal durchgeführt. Falls unterschiedliche Ergebnisse gefunden wurden, wurde nur der höhere MHK-Wert als Resultat akzeptiert.

Die Toxizitätsstudien wurden an der Toxikologie der ARC Seibersdorf research GmbH (Seibersdorf, Österreich) durchgeführt. Die akute Toxizität nach einer einzigen peroralen Verabreichung an Ratten wurde nach der EU-Methode B.1 tris Akute orale Toxizitätsstudie an Ratten – Acutetoxic class method [14] ermittelt. Die Experimente wurden mit einer Dosierung von 200 mg/kg Körpergewicht an 3 Tieren eines Geschlechts gestartet. Aufgrund der Beobachtungen dieser Untersuchungen wurde die 2. Dosis auf 2000 mg Wirkstoff/kg Körpergewicht angehoben. Alle Tiere wurden 2 Wochen lang beobachtet.

Die akuten toxischen Effekte von Akacid und Akacid plus nach einer einmaligen dermalen Applikation wurden anhand der EU-Methode B.3 Akute dermale Toxizität [15] untersucht. Akacid und Akacid plus in einer Dosierung von 2000 mg/kg Körpergewicht wurden 1x für eine Dauer von 24 Stunden auf ein 5 x 6 cm großes Areal in der dorsalen Thorakalregion von 5 männlichen und 5 weiblichen Ratten verabreicht. Die Tiere wurden abermals für 14 Tage beobachtet.

Um eine mögliche Irritation oder Korrosion von Akacid und Akacid plus nach einer einmaligen Applikation auf die intakte Haut von Kaninchen nachzuweisen, wurde die EU-Methode B.4 Akute Toxizität: Dermale Irritation/Korrosion [16] durchgeführt. 1,5 g der unverdünnten Testsubstanz (25% wässrige Lösung) wurden für 4 Stunden mit der intakten Haut von 3 weiblichen Neuseeland-White-Kaninchen in Kontakt gebracht. Die Haut der Tiere wurde nach 1, 24, 48 und 72 Stunden auf Erythem/Schorf und Ödem sowie auf andere lokale Veränderungen untersucht.

 

Ergebnisse

Die Resultate der MHK-Testung von Akacid, Akacid plus und Chlorhexidin gegenüber klinisch relevanten Bakterien- und Pilzstämmen sind in den Tabellen 1 - 3 dargestellt. Akacid und Akacid plus zeigten hohe antimikrobielle Wirksamkeit gegenüber Staphylokokken (Tabelle 1) mit MHK-Werten von 0,5 - 8 und 0,06 - 0,5 mg/l, unabhängig von der Empfindlichkeit der Stämme gegenüber Methicillin. MHK50 und MHK90 von Chlorhexidin wiesen einen 4-8-fachen Anstieg für MRSA im Vergleich zu Methicillin-empfindlichen Stämmen auf. Alle drei kationisch antimikrobiell wirksamen Substanzen erreichten höhere MHK-Werte gegenüber E. faecalis (2-64 mg/l), kein Unterschied wurde jedoch für Vancomycin-empfindliche Enterokokken und VRE gefunden. Niedrige MHK-Werte waren ebenso ausreichend, um das Auskeimen der Sporen von B. subtilis und B. anthracis zu hemmen. Akacid, Akacid plus und Chlorhexidin zeigten geringere Empfindlichkeit für Gram-negative Bakterien und Pilze. MHK-Werte gegenüber Enterobakterien (Tabelle 2) einschließlich Salmonella spp., Shigella spp. und Y. enterocolitica lagen im Bereich von 8-32 mg/l für Akacid, 1-8 mg/l für Akacid plus und 2-32 mg/l für Chlorhexidin. Die Testsubstanzen zeigten ähnliche Empfindlichkeit gegenüber Acinetobacter spp., während höhere MHK-Werte gegenüber P. aeruginosa, S. maltophilia und Proteus spp. gefunden wurden. Akacid plus erzielte die höchste antifungale Wirksamkeit gegenüber Pilzstämmen von Candida und Aspergillus spp., gefolgt von Chlorhexidin und Akacid (Tabelle 3). Alle Testsubstanzen erreichten die niedrigsten MHK-Werte gegenüber Candida tropicalis, gefolgt von Aspergillus niger.

 

Tabelle 1: In vitro-Aktivität von kationisch antimikrobiell wirksamen Substanzen gegenüber Gram-positiven Bakterien (139 Stämme) und Sporen von Bacillus spp. (2 Stämme)

   Pathogen (n)
Biozid
MHK (mg/l)
Bereich
MHK50
MHK90
   MSSA (36)
Akacid
Akacid plus
Chlorhexidin
2-8
0,06-0,5
0,06-1
4
0,125
0,25
8
0,25
0,5
   MRSA (62)
Akacid
Akacid plus
Chlorhexidin
2-8
0,06-0,5
0,5-2
4
0,125
2
8
0,25
2
   MRSE (9)
Akacid
Akacid plus
Chlorhexidin
0,5-2
0,06-0,25
0,5-2
-
-
-
-
-
-
   E. faecalis (27)
Akacid
Akacid plus
Chlorhexidin
32-64
2-16
2-16
64
8
8
64
16
8
   VRE (5)
Akacid
Akacid plus
Chlorhexidin
32-64
4-16
4-16
-
-
-
-
-
-
   Bacillus spp. (2)
Akacid
Akacid plus
Chlorhexidin
0,5
0,125
1
-
-
-
-
-
-

Tabelle 2: In vitro-Aktivität von kationisch antimikrobiell wirksamen Substanzen gegenüber Enterobacteriaceae (146 Stämme)

   Pathogen (n)
Biozid
MHK (mg/l)
Bereich
MHK50
MHK90
   E. coli (65)
Akacid
Akacid plus
Chlorhexidin
8-32
1-8
2-8
16
2
2
32
4
8
   Klebsiella spp. (45) a
Akacid
Akacid plus
Chlorhexidin
8-16
1-8
4-32
16
2
8
16
8
16
   Enterobacter spp. (20) b
Akacid
Akacid plus
Chlorhexidin
16-32
1-8
8-32
16
2
8
32
8
32
   Salmonella spp. (6) c
Akacid
Akacid plus
Chlorhexidin
8-16
1-2
2-4
-
-
-
-
-
-
   Shigella spp. (2) d
Akacid
Akacid plus
Chlorhexidin
16-32
2-4
1-2
-
-
-
-
-
-
   Y. enterocolitica (1)
Akacid
Akacid plus
Chlorhexidin
32
2
32
-
-
-
-
-
-
   Proteus spp. (7) e
Akacid
Akacid plus
Chlorhexidin
8-128
4-32
8-64
-
-
-
-
-
-
   a    K. pneumoniae, K. oxytoca    c    S. enteritidis, S. typhimurium    e    P. mirabilis, P. vulgaris
   b    E. aerogenes, E. cloacae    d    S. sonnei, S. flexneri  

Tabelle 3: In vitro-Aktivität von kationisch antimikrobiell wirksamen Substanzen gegenüber Non-Fermentern (67 Stämme) und Pilzen (17 Stämme)

   Pathogen (n)
Biozid
MHK (mg/l)
Bereich
MHK50
MHK90
   P. aeruginosa (59)
Akacid
Akacid plus
Chlorhexidin
32-128
4-32
8-32
64
8
16
64
32
32
   Acinetobacter spp. (4) a
Akacid
Akacid plus
Chlorhexidin
8-32
1-8
2-32
-
-
-
-
-
-
   S. maltophilia (4)
Akacid
Akacid plus
Chlorhexidin
128-256
8-32
16-32
-
-
-
-
-
-
   Candida spp. (10) b
Akacid
Akacid plus
Chlorhexidin
0,25-64
0,125-4
1-16
-
-
-
-
-
-
   Aspergillus spp. (7) c
Akacid
Akacid plus
Chlorhexidin
16->256
1-16
8-64
-
-
-
-
-
-
   a    A. baumannii, A. iwoffi
   b    C. albicans, C. glabrata, C. krusei, C. tropicalis
   c    A. niger, A. flavus, A. fumigatus

Killing-Kurven für S. aureus ATCC29213 und E. coli ATCC 35218 sind in Abbildung 1 dargestellt (unteres Detektionslimit 5 x 10 KBE/ml). Akacid in einer Konzentration 2 x MHK und 1 x MHK eradizierte S. aureus und E. coli innerhalb von 2 bzw. 6 Stunden.

 

Abbildung 1: Killing-Kurve für Akacid gegenüber S. aureus ATCC 29213 (MHK, 4 mg/l) und E. coli ATCC 35218 (MHK, 16 mg/l). Die durchschnittliche Lebendkeimzahl (KBE/ml) von S. aureus (A) und E. coli (B) wurde in Gegenwart von Akacid bei 0,5x, 1x, 2x und 4x MHK nach 5 min, 30 min, 2 h, 6 h und 24 h im Vergleich zu einer Biozid-freien Wachstumskontrolle evaluiert. Dargestellte Werte repräsentieren das arithmetische Mittel ±1 Standardabweichung von 3 unabhängigen Experimenten.

Wie in Tabelle 4 gezeigt wird, erreichte 0,1% Akacid plus im Quantitativen Suspensionstest bakterizide Wirksamkeit (Reduktionsfaktor > 10 KBE/ml) gegenüber Qualitätskontrollstämmen von S. aureus, E. hirae, E. coli und P. aeruginosa nach fünf Minuten Expositionszeit.

Der In vitro-Resistenzselektionstest von Akacid wurde nicht nur für empfindliche ATCC-Stämme, sondern auch für multi-resistente klinische Gram-positive und Gram-negative Stämme durchgeführt. Es wurde kein Anstieg der MHK-Werte in den getesteten Isolaten nach 30 Passagen gefunden (Tabelle 5).

Die mediane lethale Dosis (LD50) von Akacid und Akacid plus im Anschluss an eine einmalige perorale oder dermale Applikation in Ratten war > 2000 mg Wirksubstanz/kg Körpergewicht (siehe Tabelle 6). Nach einer einzigen Verabreichung der beiden polymerischen Guanidine auf die intakte Haut von Kaninchen wurden keine allgemeinen sowie lokalen toxischen Effekte an den exponierten Hautstellen beobachtet.

 

Tabelle 4: Ergebnisse des Quantitativen Suspensionstests EN 1040 von Akacid plus gegenüber S. aureus, E. hirae, E. coli und P. aeruginosa nach 5 Minuten Expositionszeit

   Pathogen
Inokulum
N
Konzentration von Akacid plus in %
0,5
0,25
0,1
0,01
   S. aureus
4,1x10
R
>2,7x10
>2,7x10
>2,7x10
<1,4x10
   E. hirae
3,5x10
R
>2,3 x 10
>2,3x10
>2,3x10
2,3x10
   E. coli
2,5x10
R
>1,7x10
>1,7x10
>1,7x10
3,5x10
   P. aeruginosa
2,1x10
R
>1,4x10
>1,4x10
>1,4x10
>1,4x10
   N: Lebendkeimzahl in der Inokulumsuspension (KBE/ml)
   R: Reduktion der Lebendkeimzahl (KBE/ml)igatus

 

Tabelle 5: In vitro-Resistenzselektion von unterschiedlichen Bakterienstämmen gegenüber Akacid (MHK-Werte sind in mg/l angegeben)

   Pathogen (n)
0. Passage
10. Passage
20. Passage
30. Passage
   MSSA (1)
   MRSA (2)
   MRSE (2)
   MRSE (2)
2
2
0,5
2
4
2
0,5
1-2
2
1-2
0,5
2
2
2
0,5
2
   VRE (3)
   VRE (2)
32
64
32
64
16-32
64
32
64
   K. pneumoniae (1)
   K. oxytoca (1)
8
16
16
16
8
16
8
16
   E. coli (1)
   E. coli (1)
   E. coli, ESBL-positiv (2)
8
16
16
8
16
16
4
16
16
8
16
16
   P. aeruginosa, ESBL-positiv (2)
   P. aeruginosa (1)
   P. aeruginosa (1)
64
32
64
64
64
64
64
32
64
64
32
64
   Acinetobacter spp. (2)
8
8
8-16
8

Tabelle 6: Ergebnisse der akuten oralen und dermalen Toxizitätsstudie von Akacid und Akacid plus an Ratten

   Wirkstoff
Applikations-
form
Dosis
(mg/kg)
Geschlecht
Anzahl der Tiere
LD50 a
(mg/kg)
exponiert
verstorben
   Akacid
oral
200
 
2000
 
m
w
m
w
3
3
3
3
0
0
0
1
>2000
 
 
 
dermal
2000
m
w
5
5
0
0
>2000
   Akacid plus
oral
200
2000
m
w
m
3
3
3
0
1
1
>2000
 
dermal
2000
m
5
0
>2000

   a Mediane lethale Dosis

 

Diskussion

In Spitals- und Gesundheitseinrichtungen stellen Antiseptika und Desinfektionsmittel ein wesentliches Werkzeug zur Infektionskontrolle und eine bedeutende Hilfe in der Prävention von nosokomialen Infektionen dar [17]. Aufgrund ihres raschen Wirkungseintritts können Desinfektionsmittel die Ausbreitung von pathogenen Keimen verhindern [18].

Die vorliegende Studie demonstriert das breite antimikrobielle Wirkprofil der neuartigen Biozide Akacid und Akacid plus im Vergleich zu Chlorhexidindiglukonat. Die kationisch antimikrobiell wirksamen Substanzen zeigten höhere Empfindlichkeit gegenüber Staphylokokken und Bacillus spp. als gegenüber E. faecalis, Gram-negativen Bakterien und Pilzen. Im Allgemeinen sind Enterokokken weniger empfindlich gegenüber Bioziden als die Staphylokokken, obwohl Unterschiede in den inhibitorischen und bakteriziden Konzentrationen unter den einzelnen Enterokokkenspezies gefunden werden [19]. Frühere Studien von Cookson et al. [20], Irizarry et al. [21] und Suller et al. [22] enthüllten, dass MRSA-Stämme eine geringere Empfindlichkeit gegenüber Chlorhexidin, Triclosan und quaternären Ammoniumverbindungen aufweisen. Kürzlich entdeckten Schmidt et al. [23] die herabgesetzte Empfindlichkeit von Triclosan speziell gegenüber MRSE. In unserer Studie wurde ein 4-8-facher Anstieg der MHK50 und MHK90 von Chlorhexidin für MRSA im Vergleich zu Methicillin-empfindlichen Stämmen gefunden, während die MHK-Werte für Akacid und Akacid plus unverändert blieben. Im Gegensatz dazu, erreichten alle drei Testsubstanzen äquivalente MHK-Werte für Vancomycin-empfindliche E. faecalis und VRE. Zusätzlich wurde die antifungale Aktivität gegenüber 17 Pilzstämmen untersucht. Akacid plus erreichte eindeutig die niedrigsten MHK-Werte gegenüber den getesteten Spross- und Schimmelpilz-Spezies. Alle Testsubstanzen zeigten höchste Wirksamkeit gegenüber C. tropicalis gefolgt von A. niger. Im Quantitativen Suspensionstest ohne organische Belastung erzielte 0,1% Akacid plus innerhalb von fünf Minuten bakterizide Wirksamkeit gegenüber allen getesteten Bakterienspezies.

Der zunehmende Einsatz von Bioziden hat zur Besorgnis über eine mögliche Resistenzentwicklung auch bei Bioziden geführt. Zahlreiche Studien haben bereits über einen Zusammenhang zwischen Biozid- und Antibiotikaresistenz berichtet. Block et al. [24] konnten eine Assoziation zwischen der Intensität des Chlorhexidinverbrauchs und einer herabgesetzten Empfindlichkeit gegenüber Mikroorganismen im Spital herstellen. Ebenso haben Lambert et al. [25] eine Korrelation zwischen der Resistenz zu Antibiotika und zu den Bioziden Benzalkoniumchlorid und Chlorhexidin in klinischen Stämmen von P. aeruginosa gefunden. Im Gegensatz dazu konnten wir keine bakterielle Resistenz zu Akacid induzieren. Der Kontakt subinhibitorischer Konzentrationen von Akacid resultierte auch nach 30 Passagen in keiner reduzierten Empfindlichkeit gegenüber Staphylococcus spp., E. faecalis, Klebsiella spp., E. coli, P. aeruginosa und Acinetobacter spp.

Bis jetzt gilt es als akzeptierte Tatsache, dass hohe antimikrobielle Aktivität von Bioziden auch mit hoher Toxizität einhergeht. Die toxikologischen Studien von Akacid und Akacid plus an Ratten und Kaninchen haben eine niedrige akute orale und dermale Toxizität gezeigt (LD50 > 2000 mg/kg Körpergewicht).

Aufgrund ihrer breiten antimikrobiellen Eigenschaften und ihres niedrigen Toxizitätsprofils könnten die polymerischen Guanidine Akacid und Akacid plus zukünftig wertvolle Substanzen für die Prophylaxe und Therapie von bakteriellen Infektionen und Pilzinfektionen darstellen.

 

Literatur:

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Korrespondierender Autor:
Univ.-Prof. DDr. Apostolos Georgopoulos
Univ.-Klinik für Innere Medizin I, Klin. Abt.für Infektionen und Chemotherapie
A-1090 Wien, Währinger Gürtel 18-20
E-Mail: apostolos.georgopoulos@meduniwien.
ac.at

 

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