Malaria

M. Ramharter, S. Winkler
Univ.-Klinik für Innere Medizin I, Klin. Abt. für Infektionen und Chemotherapie, Medizinische Universität Wien
(Leiter: Univ.-Prof. DDr. W. Graninger)

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Malaria zählt weltweit zu den wichtigsten parasitären Erkrankungen des Menschen, und ihre Bekämpfung stellt mehr denn je eine globale Herausforderung dar. Trotz erfolgreicher Elimination der Erkrankung aus einigen subtropischen Regionen der Welt sterben heute mehr Menschen an Malaria als je zuvor. Die WHO schätzt 300 bis 500 Millionen Erkrankungsfälle und bis zu 3 Millionen Todesfälle jährlich. Malaria-endemische Länder gehören zu den ärmsten der Welt, wobei die Kombination aus fehlenden Mitteln zur Kontrolle der Infektion und der enormen Malaria-assoziierten ökonomischen Belastung dieser Länder einen Teufelskreis mit hoher Erkrankungs-Prävalenz und ausbleibender wirtschaftlicher Entwicklung bildet.

 

Geschichtliches und Epidemiologie

Die Geschichte der Malaria ist vermutlich beinahe so alt wie die Geschichte der Menschheit. Die Vorstellung über die Krankheit und ihre Ursachen war in den verschiedenen Kulturen sehr unterschiedlich, doch zeigen Namen wie Sumpffieber, Wechselfieber oder der aus dem Italienischen stammende Begriff der „mal aria“ – der schlechten Luft also – schon frühe Vorstellungen über die Entstehung, die Verbreitung und den Verlauf der Erkrankung.

Lange bevor der Malariaerreger 1880 durch den französischen Militärarzt Alphonse Laveran entdeckt und die Übertragung auf den Menschen durch den Stich der Anopheles-Mücke von Ronald Ross und Battista Grassi beschrieben wurde, war schon die ursächliche Behandlung des Malariafiebers bekannt. Im Okzident war bereits im 17. Jahrhunderts die lebensrettende Wirkung von Extrakten der Jesuitenborke nach der sagenumwobenen Heilung der Condesa de Chinchon bekannt geworden. Ähnlich war die fiebersenkende Wirkung von Artemisia annua – einer Verwandten des heimischen Beifußgewächses – in China bereits seit mehr als einem Jahrtausend bekannt. Bei beiden Substanzen wurde erst durch die moderne Labormedizin die Ursache für ihre antipyretische Wirkung aufgezeigt. Diese ist, wie sich herausstellte, spezifisch durch die antiparasitäre Wirkung gegen Malariaerreger begründet.

Die Erforschung der Malaria und die Entdeckung von Wirkstoffen, die zur Behandlung und Prophylaxe eingesetzt werden konnten, hatten neben medizinischen aber auch weltpolitische Konsequenzen. So wurden beispielsweise die zuvor für europäische Siedler, Missionare und Armeen undurchdringlichen Regionen Afrikas erst durch die Produktion großer Mengen Chinins auf indischen und indonesischen Plantagen der Kolonialisierung und all ihrer (negativen?) Folgen zugängig.

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde nicht zuletzt durch die militärstrategische Bedeutung des Chinins die Forschung an synthetischen Alternativen vorangetrieben, die schließlich zur Entwicklung des Chloroquins durch die deutsche IG Farben geführt hatte. Darüber hinaus wurden durch die Produktion von synthetischen Insektiziden wie DDT Substanzen verfügbar, mit denen erstmals effektiv gegen Moskitopopulationen vorgegangen werden konnte. Getragen durch diesen Fortschritt wurde von der Weltgesundheitsorganisation in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts ein weltweites Programm zur Eradikation der Malaria gestartet – gestützt auf die Vektorbekämpfung durch DDT und die Chemotherapie der Malaria mittels Chloroquin.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Malaria auch in Europa von den sumpfigen Ebenen Mittel- und Süditaliens bis in den Norden bei St. Petersburg und Südengland weit verbreitet. Durch ein Zusammenspiel von verbesserten Gesundheitseinrichtungen, ökologischen Maßnahmen, wie Trockenlegung von Sümpfen und Vektorbekämpfung, und effektiven Therapiemöglichkeiten kam es zu beeindruckenden Erfolgen und die Malaria wurde aus Europa, Nordamerika, Australien und Teilen Asiens verdrängt. Nur der Einfluss auf den am schwersten betroffenen afrikanischen Kontinent war von Beginn an begrenzt.

Der Erfolg des Malariaeradikationsprogramms war aber nicht in allen Regionen von Dauer und es mehrten sich Berichte über fehlende Fortschritte oder sogar eine Verschlechterung der Situation. Durch die zunehmende Resistenzentwicklung der Malariaerreger gegen gebräuchliche Malariamedikamente kam es zu steigenden Problemen in der Therapie und Prophylaxe. Durch die parallel fortschreitende Entwicklung von Resistenzen der Anopheles-Mücke gegen DDT und andere Insektizide kam es schließlich zum vorzeitigen Ende des Eradikationsprogramms. Dieses Scheitern führte zu einem verminderten Engagement der Industriestaaten in der Bekämpfung von Tropenkrankheiten. Durch die damit verbundene Abnahme an finanziellen Ressourcen und nicht zuletzt durch sozioökonomisch und politisch turbulente Zeiten in einer Vielzahl afrikanischer Gebiete kam es in weiterer Folge zu einer Zunahme der Malariamorbidität und - mortalität des am schwersten betroffenen Kontinents.

40% der Menschheit leben in endemischen Gebieten und sind daher dem Risiko einer Malaria-Erkrankung direkt ausgesetzt. Etwa 90% der weltweiten Krankheits- und Todesfälle an Malaria sind im Afrika südlich der Sahara zu beklagen. Und dort sind es wiederum Kinder und Schwangere, die einem besonders hohen Risiko ausgesetzt sind.

 

Übertragungszyklus

Es gibt vier humanpathogene Plasmodienspezies (Tabelle 1): Plasmodium falciparum, der Erreger der Malaria tropica, Plasmodium vivax und Plasmodium ovale, die die Malaria tertiana verursachen, sowie Plasmodium malariae, der Erreger der Malaria quartana. Neben diesen zum Großteil anthroponotischen Erregern gibt es auch vereinzelte Berichte über menschliche Infektionen durch tierpathogene Malariaerreger.

Zyklus
Der Lebenszyklus der vier für den Menschen pathogenen Plasmodien ist im Allgemeinen auf die Anopheles-
Mücke und den Menschen beschränkt. Der eigentliche Hauptwirt der Parasiten ist die weibliche Anopheles-Mücke. Von dieser werden beim Stich Sporozoiten (ein Entwicklungsstadium des Malariaerregers) in die Blutbahn des Menschen freigesetzt, die in Hepatozyten einwandern, um die Leberschizogonie zu beginnen. Dabei kommt es zu einer Vermehrung der Plasmodien, die anschließend frühestens 5 - 7 Tage nach dem Moskitostich in die Blutbahn freigesetzt werden. Schließlich kommt es zu einem Befall der Erythrozyten und einer Vermehrung in diesen (Blutschizogonie). Im Zuge dieser Vermehrung kommt es zur Zerstörung von Erythrozyten und einem weiteren Befall neuer Erythrozyten. Ein Teil der Plasmodien entwickelt sich parallel dazu zu Geschlechtsformen, den so genannten Gametozyten, die wiederum von Blut saugenden Anopheles-Mücken aufgenommen werden und in der Darmwand des Mückenmagens die sexuelle Vermehrung vollziehen. Letztlich kommt es wieder zur Produktion von Sporozoiten, die die Speicheldrüsen der Mücken befallen und so den Lebenszyklus der Malariaerreger schließen.

Bemerkenswert ist die Tatsache, dass Plasmodium vivax und Plasmodium ovale so genannte Schlafformen oder Hypnozoiten in der Leber entwickeln, die Monate oder manchmal auch Jahre nach Ende der Erkrankung durch Reaktivierung zu einer neuerlichen Episode der Malaria tertiana führen können. Dies kann nur durch eine medikamentöse Therapie verhindert werden. Ähnlich kann es bei Plasmodium malariae sogar noch Jahrzehnte nach der durchgemachten Infektion zu einem Wiederauftreten der Erkrankung kommen, wenngleich das Überdauern der Malariaerreger hierbei nicht durch Hypnozoiten, sondern durch Blutformen verursacht wird. Auch diese Rückfälle sind durch effektive Therapie zu verhindern.

Neben dem natürlichen Übertragungszyklus sei auch noch die Möglichkeit der Transfusionsmalaria erwähnt, die bei ungenügenden Vorsichtsmaßnahmen vor allem zur Übertragung von Malaria quartana führen kann. Auch kann es in Einzelfällen durch Verschleppen infektiöser Mücken in Flugzeugen und anderen Transportmitteln zur Malariaübertragung in nicht endemischen Gebieten kommen.


Tabelle 1:
humanpathogene Plasmodienspezies

4 humanpathogene Spezies
„alte“ Bezeichnung
Plasmodium falciparum
Malaria tropica
Plasmodium vivax
Plasmodium ovale
Malaria tertiana
Plasmodium malariae
Malaria quartana

 

Klinische Manifestation

Die Malariaerkrankung wird nach den Erregern und dem klinischen Verlauf in drei Formen unterteilt: Die Malaria tropica, die durch Plasmodium falciparum verursacht wird und für den weitaus größten Teil der Mortalität verantwortlich ist, sowie die nur in Ausnahmefällen letal verlaufenden Formen der Malaria tertiana (Plasmodium vivax und Plasmodium ovale) und Malaria quartana (Plasmodium malariae).

Malaria tropica
Der klinische Verlauf der Malaria tropica wird in asymptomatische Infektionen, die praktisch ausschließlich bei semi-immunen Bewohnern endemischer Gebiete auftreten, sowie unkomplizierte und komplizierte Formen unterteilt. Obwohl der Übergang notwendigerweise fließend ist, ist diese Unterscheidung von prognostischer Bedeutung und damit auch von t
herapeutischer Konsequenz. Vereinfacht dargestellt sind unkomplizierte Fälle frühzeitig erkannte Infektionen, die bei prompter adäquater Therapie eine gute Prognose aufweisen. Dem gegenüber stehen komplizierte Fälle, die zumeist länger dauernde Infektionen darstellen und eine zunehmend schlechtere Prognose aufweisen.

Unkomplizierte Malaria tropica
Die häufigsten Symptome der unkomplizierten Malaria sind Fieber, Kopfweh, Muskelschmerzen, Gelenkschmerzen, Augenschmerzen, Durchfall, Schüttelfrost, Schwitzen, Antriebslosigkeit, Appetitlosigkeit usw. Auch wenn Fieber zumeist ein führendes Symptom darstellt, ist wichtig festzuhalten, dass keines der oben genannten Symptome notwendigerweise vorhanden sein muss und dass die klinische Diagnose durch die Vielzahl an verschiedenartigen Symptomen erschwert wird. Untypische Verläufe sind das eigentlich Typische an der Malaria tropica.

Komplizierte Malaria tropica
Bei Fortschreiten der Malariaerkrankung kann es zur Entwicklung einer komplizierten Malaria kommen. Es gibt eine Vielzahl an Symptomen und Laborparametern, die von prognostischer Bedeutung sind und in unterschiedlichen Klassifikationen Eingang finden. Klinisch sind besonders der neurologische Zustand, das Auftreten von Konvulsionen, respiratorischer Insuffizienz, Kreislaufkollaps, Lungenödem, Blutungsneigung, Ikterus, Hämoglobinurie und schwerer Anämie bedeutend. Bei massiver Beeinträchtigung des Bewusstseins bis zum unweckbaren Koma spricht man auch von zerebraler Malaria, während man bei besonders ausgeprägter Anämie von schweren anämischen Verlaufsformen spricht. Die Entwicklung der vorherrschenden Symptomatik ist vor allem vom Alter, der spezifischen Immunitätslage des Patienten und in weiterer Folge der
epidemiologischen Situation abhängig. Parasitäre Faktoren spielen vermutlich ebenso eine Rolle, wie beim Verlauf der Schwangerschafts-assoziierten Malaria gezeigt wurde. Zur prognostischen Bewertung des individuellen Patienten sind die Bestimmung von Hämoglobin, Parasitämie, Vorhandensein von Blutschizonten, Laktat und Glukosespiegel, Säure-Basen-Status, und des Anteils an pigmentierten mononukleären Zellen von Bedeutung. Bei Vorliegen einer komplizierten Malaria ist der Patient so schnell wie möglich an eine Institution mit der Möglichkeit der intensiv-medizinischen Betreuung zu transferieren.

Malaria tertiana und Malaria quartana
Das klinische Bild der Malaria tertiana entspricht am ehesten der klassischen Vorstellung des Wechselfiebers. Dabei kommt es zu plötzlichem Anfiebern mit starkem Schüttelfrost und anschließendem Abfiebern bei starkem Schwitzen. Typischerweise liegt ein fieberfreier Tag zwischen zwei Fieberschüben. Dieser typische Rhythmus war namensgebend für die Malaria tertiana (Fieber am ersten und am dritten Tag). Obwohl die subjektive Symptomatik der Malaria tertiana häufig stärker ausgeprägt ist als bei der gefährlicheren Malaria tropica, verläuft doch die überwiegende Mehrzahl der Erkrankungen gutartig. Auch unbehandelt kommt es nach einigen Monaten zum Sistieren der Symptome. Ohne medikamentöse Behandlung der in der Leber befindlichen Hypnozoiten kann es aber noch nach Wochen und Monaten zu immer wiederkehrenden Fieberepisoden kommen.

Bei der Malaria quartana handelt es sich um ein ähnliches Erkrankungsbild wie bei der Malaria tertiana. Unterschiedlich sind die zweitägige Latenzphase zwischen Fieberschüben (daher der Name Quartana: Fieber am ersten und vierten Tag) und das Fehlen von Hypnozoiten in der Leber. Auch wenn die Malaria quartana in aller Regel einen gutartigen Verlauf nimmt, kann es durch die Entwicklung einer Glomerulonephritis zu mitunter tödlichem Ausgang kommen. Darüber hinaus kann es natürlich auch zu Mehrfachinfektionen kommen, bei denen ein Patient mit mehr als nur einem Erreger infiziert ist. Dies ist zwar per se nicht gefährlicher als die entsprechende Einzelinfektion, es kann aber dadurch zu diagnostischen Schwierigkeiten und in weiterer Folge zu inadäquaten Therapien kommen.

 

Diagnose

Seit der Entdeckung der Malariaerreger bis zum heutigen Tag ist der direkte Erregernachweis im Mikroskop der Goldstandard der Malariadiagnostik. Neben dem Blutausstrich, in dem die Morphologie der Malariaerreger in den Erythrozyten am besten zu beurteilen ist, kommt dem so genannten „Dicken Tropfen“ besondere Bedeutung zu. Bei dieser Konzentrationsmethode kommt es durch das gleichzeitige Betrachten einer Vielzahl von Blutschichten zu einer erhöhten Sensitivität. Erst dadurch kann eine niedrige Parasitämie mit einiger Sicherheit ausgeschlossen werden. Der Vorteil der mikroskopischen Diagnostik besteht im niedrigen Preis, in der Schnelligkeit der Diagnosestellung (nach etwa 30 Minuten sollte ein endgültiges Ergebnis feststehen) und darin, dass nur wenige Ressourcen dafür vorhanden sein müssen, sodass diese Methode auch für ärmere Länder geeignet ist. Weiters ist es die einzige praktikable Methode, um die Parasitämie eines Patienten zu bestimmen, die aufgrund ihres prognostischen Werts für die Wahl der Therapie mitentscheidend ist. Nachteil dieser Methoden ist die Notwendigkeit der exzellenten Schulung der Befunder, um verlässliche Ergebnisse zu gewährleisten.

Seit einiger Zeit stehen auch immunchromatographische Tests für die Diagnose der Malaria tropica und der Malaria tertiana zur Verfügung. Vorteile dieser Tests sind die rasche und für trainierte Hände unkomplizierte Testdurchführung, die hohe Sensitivität für Malaria tropica und die Durchführbarkeit ohne technische Hilfsmittel. Nachteile sind vor allem die Tatsache, dass die Parasitämie nicht bestimmt werden kann, die relativ zur Mikroskopie höheren Kosten und die nur mäßige Verlässlichkeit der Diagnose der Malaria tertiana. Außerdem kann mit diesen Tests nicht mit Sicherheit über das eventuelle Vorhandensein von Doppelinfektionen geurteilt werden. Weiters bleiben diese Tests nach erfolgreicher Therapie einige Tage positiv und können daher nicht zur Überwachung der Therapie eingesetzt werden. Aufgrund dieser Eigenschaften sind die Kartentests auch für den routinemäßigen Einsatz in endemischen Gebieten nicht geeignet.

Die PCR-Diagnostik ist vor allem von wissenschaftlichem Interesse, da sie für den Patienten einerseits zu spät und andererseits in den meisten endemischen Gebieten auch zu teuer kommen würde. Außerdem sind quantifizierende PCR-Protokolle erst in Entwicklung, mit denen auch die Parasitenlast bestimmt werden könnte. Letztlich sind molekularbiologische Methoden derzeit nur für immun-epidemiologische Fragestellungen und die Identifikation von Resistenzgenen im Einsatz. Interessanterweise können aufmerksame Labormediziner auch eine typische Streuung der Monozytenpopulation in Hämatologieautomaten bei schweren Malariainfektionen beobachten, die durch die Phagozytose des Malariapigments verursacht wird. Der serologische Antikörpernachweis hat hingegen bei der Diagnosestellung der akuten Erkrankung keine Bedeutung und ist auch epidemiologisch nur von geringem Wert.

 

Therapie

Die Therapie der Malaria tropica ist aufgrund ihres potenziell letalen Verlaufs und der Entwicklung von Resistenzen gegenüber Malariamedikamenten zunehmend komplizierter geworden. Die Chloroquin-Resistenz von Plasmodium falciparum ist in so gut wie allen endemischen Gebieten bereits so stark ausgebildet, dass andere Medikamente zur Therapie herangezogen werden müssen. Zur oralen Therapie stehen derzeit in Österreich Mefloquin (Lariam®) und die Medikamentenkombinationen Atovaquone-Proguanil (Malarone®) und Artemether-Lumefantrin (Riamet®; derzeit allerdings in Österreich nicht mehr im Handel) zur Verfügung. Auch wenn die Effektivität dieser Medikamente in etwa vergleichbar ist, gibt es dennoch bedeutende Unterschiede in Bezug auf Wirkungsprofil und Nebenwirkungen (Tabelle 2). Besonders wichtig erscheint hier, dass die Diagnose der Erkrankung und die prognostische Einteilung korrekt durchgeführt wird, da es bei Übersehen von Risikofaktoren auch nach Therapiebeginn zur Entwicklung einer mitunter letal verlaufenden komplizierten Malaria tropica kommen kann.

Bei komplizierter Malaria tropica zählt vor allem die Zeit. Je schneller eine adäquate Therapie eingeleitet wird, umso besser ist die Prognose. Derzeit ist in Österreich kein einziges intravenöses Malaria-Medikament zugelassen, das für die Therapie der komplizierten Malaria tropica routinemäßig eingesetzt wird. Die Therapie der Wahl stellt die Verabreichung von Chinin als Monotherapie oder in Kombination mit Doxycyclin oder Clindamycin dar. Chinin kann in Form von Chinindihydrochlorid über die internationale Apotheke bestellt werden. Besonderes Augenmerk ist auf die Überwachung und Korrektur des Säure-Basen-Haushaltes und der Blutglukosespiegel zu legen. Da es durch Chinin zu kardialen Nebenwirkungen kommen kann, ist außerdem ein kardiales Monitoring unerlässlich. Desweiteren sind eine Flüssigkeitsbilanzierung und die Messung des zentralen Venendrucks von Bedeutung, da es im Rahmen einer komplizierten Malaria tropica häufig zur Ausbildung eines oft letal verlaufenden Lungenödems kommen kann. Neben der medikamentösen Therapie von Konvulsionen gibt es derzeit keine adjuvante Therapie, die den Therapieerfolg positiv beeinflussen würde.

Die Therapie der Malaria tertiana und der Malaria quartana ist vergleichsweise einfach. Bei Vorliegen einer Malaria tertiana wird dem Patienten über drei Tage oral Chloroquin verabreicht. Zur Vermeidung von Rückfällen, hervorgerufen durch die Leberformen der Malaria tertiana, wird nach Ausschluss eines erblichen Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangels über 14 Tage Primaquin eingenommen (ebenfalls in Österreich nicht zugelassen). Aus einigen asiatischen Gebieten wurde die Resistenz beziehungsweise verminderte Empfindlichkeit von Plasmodium vivax gegen Chloroquin beschrieben. In diesen Fällen sollte entweder Primaquin simultan mit Chloroquin eingenommen werden oder statt Chloroquin ein neueres Medikament verschrieben werden (zum Beispiel Malarone® oder Mefloquin®). Obwohl in der wissenschaftlichen Literatur Berichte von letal verlaufenden Plasmodium vivax-Infektionen aufscheinen (Milzruptur), ist der Verlauf und die Prognose dennoch als sehr günstig anzusehen.

Bei Vorliegen einer Malaria quartana-Infektion ist eine dreitägige Chloroquin-Therapie bereits kurativ. Vorsicht ist allerdings geboten, um keine Doppelinfektionen mit Plasmodium falciparum zu übersehen.


Tabelle 2:
Therapie der Malaria

  Substanzname Dosis Handelsname Dauer Kommentar
Malaria tropica, unkompliziert
  Atovaquone + Proguanil 15 mg/kg + 6 mg/kg
(1 x tgl 4 Tabletten)
Malarone Tag 1 - 3 Kombinationspräparat; relativ
langsamer Wirkungseintritt,
Einnahme nach dem Essen
  Mefloquin 25 mg/kg
(Tag 1: 15 mg/kg;
Tag 2: 10 mg/kg)
Lariam Tag 1 - 2 Neurologisch/psychiatrische
Nebenwirkungen
Nicht gleichzeitig Chinin
  Artemether + Lumefantrin 20 mg + 120 mg
je 4 Tabl. 2 x tgl, am ersten Tag in
8 h Abstand
Riamet Tag 1 - 3 Nicht gleichzeitig Chinin
Malaria tropica, kompliziert
  Chinindihydrochlorid
in 5% Glucose
20 mg/kg als loading dose;
anschließend 10 mg/kg alle 8 h
  Tag 1 - 3/7 Langsam über 4 h infundieren;
EKG-Monitoring, Glukose-Monitierung; Vorsicht Umrechnung
  Clindamycin 2 x tgl 5 - 10mg/kg Dalacin C Tag 1 - 5/7 Salz-Base
  Artesunat 2 x 2 mg/kg tgl   Tag 1 - 3 Medikament in Österreich nicht zugelassen
  Mefloquine Tag 1: 15 mg/kg;
Tag 2: 10 mg/kg
Lariam Tag 1 - 2 Neurolog. Nebenwirkungen
Nicht gleichzeitig Chinin
Malaria tertiana
  Chloroquin Tag 1 + 2: 10 mg/kg Base;
Tag 3: 5 mg/kg Base
Resochin Tag 1 - 3 1 Tbl Resochin = 250 mg
Salz = 155 mg Base
Plus Primaquin Tag 4 - 18: 0,25 mg/kg   Tag 4 - 18 Ind: Hypnozoiten-Eradikation
Nur bei normalem G6PD-Status
Malaria tertiana - Chloroquin-Resistenz
  Atovaquone-Proguanil 15 mg/kg + 6 mg/kg
(1 x tgl 4 Tabletten)
Malarone Tag 1 - 3 Kombinationspräparat; relativ
langsamer Wirkungseintritt,
Einnahme nach dem Essen
Oder Mefloquine Tag 1: 15 mg/kg;
Tag 2: 10 mg/kg
Lariam Tag 1 - 2 Neurolog. Nebenwirkungen
Nicht gleichzeitig Chinin
Plus Primaquin Tag 4 - 18: 0,25 mg/kg   Tag 4 - 18 Ind: Hypnozoiten-Eradikation
Nur bei normalem G6PD-Status
Malaria quartana
  Chloroquin Tag 1 + 2: 10 mg/kg Base;
Tag 3: 5 mg/kg Base
Resochin Tag 1 - 3 1 Tbl. Resochin = 250 mg
Salz = 155 mg Base

 

Malaria und Reisen

In Österreich werden jährlich etwa 100 neue Malariafälle diagnostiziert. Nahezu 3/4 aller nach Österreich importierten Malaria-Infektionen werden durch P. falciparum verursacht, wie aus Abbildung 1 ersichtlich ist. Daten von 120 Malaria-Patienten aus dem AKH Wien wurden hiefür zusammengefasst. Weitaus der größte Anteil dieser Patienten (ca. 80%) hat keinerlei prophylaktische Maßnahmen getroffen bzw. die Prophylaxen schon während des Aufenthaltes in der endemischen Region aus verschiedensten Gründen beendet.

Das Interesse an Tropenkrankheiten im Allgemeinen und an der Malaria im Speziellen erwacht beim Österreicher im Wesentlichen, wenn es sich um eigene Reisen in ferne Länder handelt. Ebenso, wie die Therapie von Tropenkrankheiten an infektiologischen Zentren stattfinden sollte, so ist die Beratung der Reisenden durch die zunehmende Komplexität der epidemiologischen Veränderungen und den Fortschritt der medizinischen Interventionen nur von Reisemedizinern nach dem neuesten Stand zu gewährleisten.


Abbildung 1:
Verteilung der Plasmodien-Spezies bei 120 Tropenrückkehrern mit Malaria im AKH Wien

Prinzipiell ist die Expositionsprophylaxe von besonderer Bedeutung, durch die das Risiko eines infektiösen Stichs bereits um bis zu 90% minimiert werden kann. Es handelt sich dabei um Verhaltensmaßnahmen wie das Vermeiden, sich während der Morgen- und Abenddämmerung im Freien aufzuhalten, das Tragen von langer heller Bekleidung, das Benützen von Repellentien, das Schlafen unter Moskitonetzen und das Imprägnieren von Kleidung und Netzen durch Pyrethroide. Während diese Maßnahmen äußerst effektiv sind, haben andere Hilfsmittel wie zum Beispiel die „Ultraschall-Abwehr“ von Moskitos oder die Einnahme von homöopathischen Mitteln keinen Wert.

Je nach epidemiologischer Situation sowie Reiseroute und Reisestil kann eine Chemoprophylaxe empfehlenswert sein. Trotz zunehmender Resistenzraten gibt es eine Reihe höchstwirksamer Substanzen (Tabelle 3). Entscheidend scheint auch hier eine ausgewogene und auf den einzelnen zugeschnittene Beratung zu sein, da jede dieser Substanzen besondere Nebenwirkungen aufweist und daher nicht für jeden Reisenden in gleicher Weise in Frage kommt. Wichtig sei hierbei anzumerken, dass schon vor Reiseantritt mit der Prophylaxe zu beginnen ist, um einerseits die nötige Plasma-Konzentration zu gewährleisten und andererseits, um auch eventuell auftretende Nebenwirkungen frühzeitig erkennen zu können und so im Bedarfsfall auf ein anderes Medikament umzusteigen. Ein guter Teil der an Malaria erkrankten Touristen hat aufgrund von Nebenwirkungen die Einnahme der Malariaprophylaxe während der Reise ausgesetzt.

Auch wenn sowohl in der wissenschaftlichen Literatur als auch in populär-medizinischen Medien immer wieder von Malaria-Vakzinen gesprochen wird, scheint auch heute, trotz viel versprechender Ansätze, die Entwicklung eines effektiven Impfstoffs in weiter Ferne. Kritisch ist auch die Mitgabe von so genannten Stand-by- oder Notfall-Medikamenten zu diskutieren. Dabei nimmt der Reisende eine kurative Dosis an Malariamedikamenten mit und behandelt sich bei fieberhafter Symptomatik selbst. Da dies zumeist für Gegenden mit niedrigem Malariainfektionsrisiko empfohlen wird, ist in diesen Fällen durch die vermeintliche Therapie oft eine Verschleppung der eigentlichen Diagnose zu befürchten. Leider hat sich auch herausgestellt, dass immun-chromatographische Kartentests im Ernstfall von betroffenen Touristen zu einem hohen Prozentsatz nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden und daher nur einen geringen Wert zur Eigendiagnose haben. Daher scheint es besonders wichtig, alle Reisende aufzuklären, dass eine schnelle Diagnose durch eine Infektionsabteilung entscheidend für die weitere Prognose ist.


Tabelle 3:
Chemoprophylaxe der Malaria
Substanz Handelsname Dosis Tabl Einnahmedauer Kommentar
Chloroquin Resochin < 75 kg: 300 mg Base/Woche
> 75 kg: 450 mg Base/Woche
2 Tbl/Woche
3 Tbl/Woche
1 Woche vor bis
4 Wochen nach
Aufgrund hoher Resistenz
nur eingeschränkter Wert
Atovaquone/Proguanil Malarone > 40 kg: 250/100 mg/Tag 1 Tbl täglich 1 - 2 Tage vor bis
1 Woche nach
Einnahme nach dem Essen
Mefloquin Lariam 250 mg/ Woche 1 Tbl/Woche 2 Wochen vor bis
4 Wochen nach
Neuro-psychiatrische
Nebenwirkungen
Doxycyclin Vibramycin 100 mg/Tag 1 Tbl täglich 2 Tage vor bis
4 Wochen nach
Kontraindiziert bei
Kindern und Schwangeren;
Phototoxizität
Primaquin   30 mg/kg 1 x 2 Tbl täglich 2 Tage vor bis
1 Woche nach
Nur bei normalem
G6PD-Status

Tabelle 4: Malaria-Märchen
Märchen Richtigstellung
Malaria ist nie ausheilbar.
Bei adäquater Behandlung sowie Eradikationstherapie der Hypnozoiten (Primaquin) im Falle einer Malaria tertiana ist jede Malaria ausheilbar.
Bei akuter Erkrankung sind die Malariaerreger nur im Fieberanstieg, nicht aber im fieberfreien Intervall nachweisbar.
Parasiten sind auch zwischen den Fieberepisoden im Dicken Tropfen nachweisbar, unabhängig vom Fieber mag zum Teil aufgrund niedriger Parasitämie eine Wiederholung des Dicken Tropfens nötig sein.
Eine Malariaerkrankung kann auch bei negativem Plasmodiennachweis vorliegen („Blutausstrich negative Malaria“).
Eine akute Erkrankung kann mit negativem Dicken Tropfen ausgeschlossen werden. Zum Teil kann aufgrund niedriger Parasitämie eine Wiederholung des Dicken Tropfens nötig sein.
Ein Patient, der nicht fiebert, kann nicht an Malaria erkrankt sein.
Zumeist berichtet der Patient über Fieber, wenn er auch zum Untersuchungszeitpunkt fieberfrei ist. Dennoch ist eine Malaria auch ohne das Auftreten von Fieber nicht auszuschließen.
Der Patient wurde von Ärzten im Endemiegebiet nach den dortigen Empfehlungen behandelt.
Bei Bewohnern endemischer Gebiete können aufgrund der Semi-Immunität Medikamente wirksam sein, die bei Personen aus Nichtendemiegebieten („Tropenreisende“) nicht mehr kurativ sind.
Die Mefloquintherapie muss bis zum Sistieren des Fiebers fortgeführt werden.
Mefloquin sollte nur für 2 Tage verabreicht werden. Bei Therapieversagern (selten!) ist eine Umstellung auf andere Medikamente durchzuführen. Bei Überdosierung können schwere neurologisch/psychiatrische Nebenwirkungen auftreten.

 

Zusammenfassung

Auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts hat die Malaria nichts an ihrer Bedeutung verloren. Trotz viel versprechender Erkenntnisse und Fortschritte in der tropenmedizinischen Forschung ist es in den letzten Jahrzehnten zu einer weiteren geographischen Ausbreitung und Zunahme der Malariamorbidität und -mortalität gekommen. Trotz der viel diskutierten Erderwärmung ist aufgrund der gut funktionierenden Gesundheitssysteme nicht mit einer Rückkehr der endemischen Malaria in Europa zurechnen. Dennoch wird es durch die Zunahme an Fernreisen im Zeitalter der globalisierten Welt zweifellos zu einem Anstieg an importierten Malariafällen in Österreich kommen.

Für Reisende und Reiserückkehrer ist die gewissenhafte Beratung durch spezialisierte Institutionen unerlässlich. Für Patienten sind das schnelle Reagieren und die unverzügliche Diagnosestellung von mitunter lebensrettender Bedeutung. Dies bedeutet für Ärzte vor allem eines: Bei beinahe allen Symptomen nach Tropenaufenthalt an Malaria zu denken und die entsprechende Diagnosestellung einzuleiten. Die wahre Bürde der Malaria – sowohl in menschlicher, medizinischer als auch in ökonomischer Sicht – hat allerdings auch heute noch die Bevölkerung der tropischen Länder zu tragen.

 

Anschrift der Verfasser:
Univ.-Prof. Dr. Stefan Winkler
Dr. Michael Ramharter
Univ.-Klinik für Innere Medizin I,
Klin. Abt. für Infektionen und Chemotherapie
A-1090 Wien, Währinger Gürtel 18-20
E-Mail: stefan.winkler@meduniwien.ac.at
E-Mail: michael.ramharter@meduniwien.ac.at

 

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